Haushaltskürzungen
Hochschulen verhandeln weiter über Finanzierung
Das Land Berlin muss die bestehenden Hochschulverträge einhalten, auch wenn sich die Haushaltslage verschlechtert hat. Das besagt ein neues Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdiensts (WPD) des Abgeordnetenhauses, das von der Fraktion Die Linke im Berliner Senat in Auftrag gegeben wurde. Das Gutachten beurteilt die Chancen einer Klage der Hochschulen gegen den Senat als gut. Es wurde am Freitag in Berlin vorgestellt und liegt Forschung & Lehre vor.
Seit Abschluss der Hochschulverträge sei kein Umstand eingetreten, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertige, meldet die Links-Fraktion anlässlich der Präsentation der Ergebnisse der Expertinnen und Experten. Es gebe kein Sonderkündigungsrecht. Laut Gutachten führt "selbst eine wesentliche Verschlechterung der Haushaltslage nicht per se dazu, dass ein Festhalten am Vertrag für das Land Berlin unzumutbar wird". Das Landesparlament müsse die vereinbarten Mittel bereitstellen und die eingegangenen Verpflichtungen erfüllen.
"Entstandene Ansprüche können nicht durch die Nichtbereitstellung der entsprechenden Mittel im folgenden Haushaltsplan zunichte gemacht werden", heißt es in dem Gutachten weiter. Dies sei auch einklagbar: So können die "Hochschulen ihre Ansprüche im Wege einer Klage auf Erfüllung der Hochschulverträge gerichtlich geltend machen", falls "das Land Berlin seine vertraglich geschuldeten Pflichten aus den Hochschulverträgen nicht fristgerecht erfüllt".
Darüber hinaus haben die Hochschulen demnach auch Anspruch auf Schadensersatz, sollte ihnen ein Schaden entstanden sein. Als Beispiel nennt das Gutachten die Aufnahme eines Überbrückungskredits. Die Kosten dafür müsste das Land Berlin übernehmen.
Bis zu 145 Millionen Euro Kürzungen in 2025
Die Hochschulverträge regeln die Budgets der elf staatlichen Hochschulen und Universitäten Berlins bis 2028. Sie wurden im April 2024 unterschrieben, als die schwierige Berliner Haushaltslage bereits bekannt war, wie verschiedene Medien betonen. Die Verträge enthalten eine jährliche Budgetsteigerung von fünf Prozent. Dieser läuft die Ankündigung von Kürzungen von über 100 Millionen Euro im Jahr 2025 aus dem vergangenen Herbst zuwider. Anfang Juni dieses Jahres hat eine Anfrage der Links-Fraktion ergeben, dass es sich vermutlich um mehr als 145 Millionen Euro handeln wird, auf die die Berliner Hochschulen im laufenden Jahr insgesamt verzichten müssen.
Bereits Ende 2024 war ein Rechtsgutachten, das die Landeskonferenz der Rektor*innen und Präsident*innen der Berliner Hochschulen (LKRP) in Auftrag gegeben hatte, zu dem Schluss gekommen, dass die Verträge nicht einseitig aufgekündigt werden könnten und eine Klage der Berliner Hochschulen vor dem Verwaltungsgericht gute Chancen hätte. Das erläuterte Professorin Julia von Blumenthal, LKRP-Vorsitzende und Präsidentin der Humboldt Universität zu Berlin am Freitag in einer Mitteilung.
Hochschulen hoffen auf Einigung – behalten sich Klage weiter vor
Während die Berliner Hochschulen nach wie vor eine Klage erwägen, hoffen sie demnach auf eine Einigung auf Sparmaßnahmen, die geringer ausfallen als die angekündigten. Es liefen weitere Verhandlungen mit dem Ziel, eine gemeinsame Lösung zu finden. Von Blumenthal bekräftigte laut Mitteilung, dass die Berliner Hochschulen ihre Offenheit für einen konstruktiven Dialog mit der Senatsverwaltung immer deutlich gemacht hätten. "Wir brauchen angesichts der drastischen Budgetkürzungen, die von uns verlangt werden, dringend tragfähige Lösungen und Planungssicherheit." Nach den Gesprächen der letzten Monate steht am 23. Juli noch ein letzter entscheidender Verhandlungstermin an. Am Vortag erfolge der Eckwertebeschluss für den Doppelhaushalt 2026/2027 im Berliner Senat. Damit steht die Höhe der Gelder fest, die der Senat den Hochschulen voraussichtlich zur Verfügung stellen kann. Die Hochschulen wollten erst danach über eine Klage entscheiden, berichtet rbb.
Gegenüber rbb sagte die Präsidentin der Technischen Universität (TU) Berlin, Professorin Geraldine Rauch, zur Position der Hochschulen: "Keiner möchte den Konflikt mit dem Land, keiner möchte eine Situation, wo wir vor Gericht landen, gleichzeitig brauchen wir eine Perspektive, wie es gehen kann." Die Leitungen mehrerer Berliner Hochschulen warnten im Gespräch mit rbb vor der Gefahr der Insolvenz, auf die man durch die Einsparungen zusteuere. Mehr Verlässlichkeit würde gebraucht, sagte etwa der für den Haushalt zuständige Vizepräsident der Humboldt-Universität, Niels Helle-Meyer. Die Risiken der Einsparungen würden den Unis zugeschoben. Die Universitäten seien bereit zu sparen, so Dr. Julia Neuhaus, Präsidentin der Berliner Hochschule für Technik und Stellvertretended Vorsitzende der LKRP gegenüber rbb. Allerdings sei für einen planvollen Umbau Zeit nötig, kein "erratisches Sparen".
Die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft unter Ina Czyborra (SPD) geht von einer Einigung Ende Juli aus: "Für August ist die Einbringung der Änderungsvereinbarung in den Senat geplant", zitiert sie die Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Vorläufige Einigung erzielt
Im Rahmen der jüngsten Verhandlungen am 14. Juli haben sich der Senat und die Hochschulen auf einen Entwurf für eine mögliche Anpassung der geltenden Hochschulverträge geeinigt. Das hat die LKRP am Dienstagvormittag mitgeteilt. Professorin Julia von Blumenthal sagte demnach, dass bei den Gesprächen "wesentliche Fortschritte auf dem Weg zu einer möglichen Anpassung der Hochschulverträge erzielt" wurden. Allerdings gebe es erst Klarheit über die finanziellen Rahmenbedingungen, wenn der Senatsbeschluss zum Doppelhaushalt vorliege. "Erst dann können wir das Ergebnis bewerten", so von Blumenthal. Die Hochschulen bräuchten für strukturelle Veränderungen wie etwa eine Reduktion der angebotenen Studienplätze ausreichend Zeit. Die finanziellen Rahmenbedingungen seien weiterhin "sehr schwierig".
Dr. Julia Neuhaus sagte am Dienstagmorgen im Gespräch mit dem rbb, dass die Verhandlungen am Vortag etwa zehn Stunden gedauert hätten. Die Inhalte der Einigung seien nun verhandelt. Die Hochschulen hätten auch Zahlen vorgelegt bekommen, aber diese seien nicht final, da der Senatsbeschluss am 22. Juli abgewartet werden müsse. Auf die Frage, ob eine Klage der Hochschulen nun ausgeschlossen sei, erläuterte sie, dass das eine "hochschulindividuelle Entscheidung" sei. Außerdem sei der Beschluss zu klagen keine Frage des Wollens oder Nichtwollens. Die Hochschulen müssten nun individuell prüfen, ob eine Unterzeichnung der Einigung sie in die Zahlungsunfähigkeit bringen würde. In diesem Fall müssten sie klagen.
aktualisiert am 15.07.2025 [Abschnitte nach der Zwischenüberschrift "Vorläufige Einigung erzielt" ergänzt], zuerst veröffentlicht am 14.07.2025
cpy