Bild in Blautönen von aufeinandergestapelten Akten
picture alliance/chromorange

Professoren-Umfrage
Hochschullehrer beklagen zunehmende Bürokratie

Theoretisch ist die Wissenschaft in Deutschland frei. Praktisch verwenden Professoren aber die Hälfte ihrer Arbeitszeit für deren Verwaltung.

12.02.2020

Die meisten Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an deutschen Universitäten fühlen sich in ihrer Forschung frei, obwohl verschiedene Aspekte die wissenschaftliche Arbeit im Alltag behindern. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage hervor, die das Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt hat. Im Auftrag des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) und der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) wurden dabei mehr als 900 Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren sowie rund 180 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befragt.

93 Prozent der Befragten sind demnach der Ansicht, in Deutschland gebe es "sehr viel" oder "viel" Wissenschaftsfreiheit. Damit gehöre Deutschland zu den Ländern, denen die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer am meisten Wissenschaftsfreiheit zuschreiben. Am Ende der Rangliste stehe China, von dem laut Mitteilung des DHV 89 Prozent der Befragten sagen, es gebe dort "wenig" oder "gar keine" Wissenschaftsfreiheit.

Jedoch vermissten drei Viertel der Befragten eine "schöpferische Muße" in der Forschung. Mehr als zwei Dritte fänden zudem, dass "unter dem Zwang zum schnellen Publizieren die Forschung und die Lehre" leide. Fast jeder zweite Befragte klagte, dass es schwerer als früher sei, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Hochschule zu halten, weil die Wirtschaft bessere Chancen biete.

Einwerbung von Forschungsmitteln zu zeitintensiv

Besonders störten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der wachsenden Bürokratie an den Universitäten: Gerade noch 52 Prozent ihrer Arbeitszeit verbrächten sie mit Forschung und Lehre. Inklusive der Prüfungen seien es 59 Prozent. Die übrige Zeit entfalle vor allem für die akademische Selbstverwaltung, Gutachten sowie Anträge. In einer Allensbacher Umfrage von 1977 entfielen laut Mitteilung noch 72 Prozent der Arbeitszeit auf Forschung, Lehre und Prüfungen. Vor allem die Einwerbung von Forschungsmitteln sei eine bürokratische Belastung: 71 Prozent der befragten Professorinen und Professoren sagten in der aktuellen Umfrage, die Antragsverfahren seien zu kompliziert und aufwendig. Es koste zu viel Zeit, sich für Forschungsmittel zu bewerben.

Auch die derzeit oft beklagte mangelnde Debattenkultur an Universitäten sei aus Sicht der Befragten ein Forschungshindernis, jedoch falle dieses nicht so stark ins Gewicht. Lediglich 13 Prozent beklagten laut Mitteilung des DHV, dass "Political Correctness" es verhindere, bestimmten Forschungsfragen nachgehen zu können.

Bei der Frage, was an einer Universität erlaubt sein sollte, legten die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer unterschiedliche Maßstäbe an. Zwar seien 90 Prozent der Befragten der Ansicht, es müsse erlaubt sein, prominente Politikerinnen und Politiker an die Universität einzuladen. 53 Prozent finden jedoch, es sollte an einer Universität nicht erlaubt sein, den Klimawandel zu bestreiten, und 37 Prozent finden, es sollte an Universitäten nicht erlaubt sein, Rüstungsforschung zu betreiben. Immerhin 25 Prozent meinen, es sollte an Universitäten nicht erlaubt sein, sich der gendergerechten Sprache zu verweigern.

ckr