Das Foto zeigt ein Panaroma von Paris
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Bolognaprozess
HRK mahnt zu kritischer Diskussion in Paris

Ein Ministertreffen in Paris soll eine Zwischenbilanz des Bologna-Prozesses ziehen. Die HRK fordert ein klares Bekenntnis zur Wissenschaftsfreiheit.

22.05.2018

Die Bildungs- und Wissenschaftsminister der europäischen Länder müssen sich nach Ansicht der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) auch der "kritischen Diskussion um bedenkliche Entwicklungen in einigen Staaten" stellen. "Die Verhaftung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit, die Relativierung faktengeleiteter Wissenschaft oder der Versuch, politisch unliebsame Hochschulreinrichtungen zu schließen, das alles ist eine reale Gefahr für eine europäische Hochschulgemeinschaft", mahnte der Präsident der HRK, Professor Horst Hippler, im Vorfeld der Bologna-Konferenz in Paris.

"Die akademische Freiheit ist nicht verhandelbar. Im Entwurf des Abschlusskommuniqués ist – auch durch Einwirken der Bundesregierung – ein deutlicher Passus dazu enthalten. Ich hoffe sehr, dass er so auch verabschiedet wird", unterstrich Hippler.  

Europa: Mehr als eine "ökonomische Gemeinschaft"

Nach Ansicht der HRK sei darüber hinaus "ein europäisches Bildungsverständnis" notwendig, das Persönlichkeitsbildung und die Befähigung zu gesellschaftlichem Engagement einbeziehe. Dies werde leider nicht überall in Europa so deutlich geteilt. Hippler appellierte deshalb an die Ministerinnen und Minister, diesen Aspekt in ihrem Abschlusskommuniqué, das am Freitag verabschiedet werden soll, deutlich zu berücksichtigen.

Europa sei sehr viel mehr als eine ökonomische Gemeinschaft. Seine künftige soziale und kulturelle Identität werde gerade auch von den Hochschulabsolventinnen und -absolventen geprägt. Deshalb dürften nicht nur deren fachliche Qualitäten gefördert werden. Das Studium sollte die Studierenden auch in die Lage versetzen, kritisch zu denken und neue Lösungen für die zahlreichen gesellschaftlichen Herausforderungen zu finden.

"Eine Ausrichtung auf die unmittelbare Verwertbarkeit für den Arbeitsmarkt ist der falsche Weg", heißt es in der HRK-Mitteilung. Es gelte, Forschung und Lehre stärker zu verzahnen und forschendes und soziales Lernen in allen Studienzyklen stärker zu berücksichtigen.

HRK: Bologna-Prozess ist "wichtiger Impulsgeber"

Nach Ansicht der HRK sei Bologna "ein wichtiger Impulsgeber für die Weiterentwicklung der Hochschulsysteme in Europa". Der Prozess bringe höchst unterschiedliche Staaten zusammen. Der gemeinsame europäische Hochschulraum sei der einzig richtige Weg in einer global vernetzten Welt.

In Paris soll auch über den Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, ein Netzwerk europäischer Hochschulen zu etablieren, diskutiert werden. Dies sei "eine einzigartige Gelegenheit", Hochschulen in ganz Europa in die Lage zu versetzen, strategisch zusammenzuarbeiten und in Lehre, Forschung und Innovation vom Austausch miteinander profitieren zu können, sagte Hippler.

Die für Hochschulbildung zuständigen Ministerinnen und Minister der 48 Unterzeichnerländer der Bologna-Erklärung von 1999 treffen sich ab Mittwoch in Paris. Bei dem 10. Ministertreffen nach Bologna soll eine Zwischenbilanz des Prozesses gezogen werden und der Fahrplan bis zum Jahr 2020 festgelegt werden. HRK-Präsident Hippler gehört der deutschen Delegation an, die von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, und Professor Dr. Konrad Wolf, Wissenschaftsminister in Rheinland-Pfalz, angeführt wird.

gri