Der niederländische Premierminister Mark Rutte (l-r), die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und der französische Präsident Emmanuel Macron stehen während eines Treffens am Rande des EU-Gipfels zusammen.
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Horizon Europe
Kritik an EU-Haushalt – starke Kürzungen bei Forschung

Der EU-Gipfel endet mit deutlichen Abstrichen beim Forschungsprogramm "Horizon Europe". Die European University Association zeigte sich enttäuscht.

23.07.2020

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten haben sich von ihren ehrgeizigen Zielen in der Forschungsförderung verabschiedet. 94,4 Milliarden Euro hatte die Europäische Kommission im Mai noch für das Forschungsprogramm "Horizon Europe" vorgeschlagen, im Beschluss des EU-Gipfels sind nur noch 80,9 Milliarden Euro vorgesehen. Das berichtet "Science Business" mit Verweis auf den Ausgang der mehrtägigen Verhandlungen am Dienstagmorgen. Insgesamt soll der EU-Haushalt für die Jahre 2021-2027 mehr als 1,8 Billionen Euro umfassen, so viel wie noch nie.

Das Budget für "Horizon Europe" war im Laufe der Verhandlungen mehrmals gekürzt worden, zuletzt auf 89,4 Milliarden Euro. 15 Wissenschaftsorganisationen und Hochschulverbünde aus der EU hatten sich daher bereits vor einigen Tagen gegen die geplanten Kürzungen ausgesprochen.

Der Leiter des Referats "Budget and MFF Synergies" in der EU-Kommission, Paul Webb, beschrieb es auf Twitter als "etwas beunruhigend", dass das Budget für Wissenschaft und Innovation die "cash cow" in den Verhandlungen zu sein scheine und für andere Politikbereiche hinhalten müsse.

Fünf Milliarden Euro für "Horizon"-Europe sollen aus dem auf dem EU-Gipfel beschlossenen Konjunktur- und Investitionsprogramm für die Folgen der Corona-Pandemie kommen. Geplant waren laut Berichten ursprünglich 13,5 Milliarden Euro. Insgesamt umfasst das Paket 750 Milliarden Euro.

EUA: Haushaltsbeschluss folgt kurzfristigen Interessen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Einigung nach den langwierigen Verhandlungen insgesamt als einen "historischen Moment in Europa" , sagte jedoch auch, dass an Zukunftsthemen gespart werde, die das Innovationspotenzial der EU stärkten.

Die European University Association (EUA) zeigte sich enttäuscht: Die Höhe des Budgets für "Horizon Europe" sei "weit entfernt von dem ehrgeizigen Anstieg, der notwendig ist, um den Bedarf an Investitionen zur Zeit vor der Corona-Pandemie zu decken, geschweige denn in der aktuellen Situation", heißt es in einer Mitteilung. Das Ergebnis spiegele vor allem kurzfristige Interessen statt langfristiger und strategischer Überlegungen für die Weiterentwicklung der EU.

Die Enttäuschung sei "umso bitterer, als mehrere Mitgliedstaaten – einschließlich derjenigen, die für ein kleineres Budget kämpften – die Bedeutung von Investitionen in Forschung und Innovation und eine 'Modernisierung' des Haushalts bekräftigten", teilte die EUA mit.

Die Höhe des beim EU-Gipfel beschlossenen Budgets entspricht laut Mitteilung zwei Dritteln der Forderung von EUA und Europäischem Parlament. Der Universitätszusammenschluss setzt daher auf die Parlamentarier, ohne die der Haushalt nicht verabschiedet werden kann. In den vergangenen Jahren hatte es sich in der Regel für ein höheres Budget für die Wissenschaft eingesetzt als der Europäische Rat.

Kürzungen bei Erasmus+ "inakzeptabel"

Die Vorsitzende des Bildungsausschusses im Europäisches Parlament, Sabine Verheyen (CDU), kritisierte vor allem die geplanten Kürzungen beim europäischen Austauschprogramm Erasmus+. Die geplante Fördersumme sei "inakzeptabel". "Erasmus ist eine einzige Erfolgsgeschichte, ein echtes europäisches Aushängeschild, und das einzige EU-Instrument im Bildungsbereich", betonte Verheyen in einer Stellungnahme. "Das vorgeschlagene Budget von 21 Milliarden Euro steht in eklatantem Widerspruch zu früheren Versprechen und Ankündigungen." Die EU-Kommission hatte zunächst 26 Milliarden Euro vorgeschlagen.

Die EU-Forschungskommissarin Mariya Gabriel lenkte den Fokus in einem Statement auf den Wert der Zusammenarbeit. "Um erfolgreich zu sein, brauchen wir nicht nur mehr Investitionen, sondern auch mehr Zusammenarbeit", teilte sie mit. "Die aktuellen Herausforderungen sind so groß, dass kein Mitgliedstaat sie allein bewältigen kann. Wir müssen unsere Zusammenarbeit zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und allen unseren Akteuren in Forschung und Innovation vertiefen." Auf die Kürzungen ging sie nicht ein.

Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen auf EU-Ebene wird das Budget für "Horizon Europe" deutlich über dem des Vorgänger-Programms "Horizon 2020" liegen. Ausgenommen der damaligen britischen Beteiligung lag dieses für die Jahre 2014 bis 2020 bei 67 Milliarden Euro.

aktualisiert: 23.07.2020, zuerst veröffentlicht: 21.07.2020

kas