Armin Willingmann (SPD) im Landtag

Sachsen-Anhalt
Landtag uneinig über Studiengebühren

In Sachsen-Anhalt liegt der Anteil ausländischer Studierender bei 20 Prozent. Der Landtag debattierte, ob sie Studiengebühren bezahlen sollten.

13.06.2025

"Selektive Gebühren für ausländische Studierende sind das völlig falsche Signal" sagte Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister Professor Armin Willingmann (SPD) am Donnerstag im Rahmen einer Landtagsdebatte. Solche Gebühren würden nicht nur die Attraktivität des Wissenschaftsstandortes vermindern, sondern auch den Fachkräftemangel in der Wirtschaft vergrößern. Das geht aus einer Mitteilung des Wissenschaftsministeriums vom gleichen Tag hervor. Die Debatte war von der CDU-Landtagsfraktion beantragt worden.

Aktuell haben 11.220 der 51.504 an den Hochschulen Sachsen-Anhalts eingeschriebenen Studierenden einen ausländischen Pass. Das entspricht einem Anteil von knapp 22 Prozent, wie das Wissenschaftsministerium mitteilt. 92 Prozent von ihnen stammen aus dem Nicht-EU-Ausland, heißt es im Antrag der CDU. Ausländische Staatsangehörige aus Nicht-EU-Staaten studieren demnach an den Hochschulen Sachsen-Anhalts kostenfrei "ohne die Verpflichtung, nach dem Studium im Land zu verbleiben oder die Kosten der Ausbildung in anderer Form zu kompensieren". Die Situation bedürfe "einer stärkeren strategischen Steuerung", so die CDU-Landtagsfraktion.

In der Debatte, über die die Deutsche Presse-Agentur (dpa) zuerst berichtete, plädierten am Donnerstag mehrere Fraktionen gegen Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger. "Was um alles in der Welt sollte uns dazu bewegen, diesen jungen Menschen auch nur den kleinsten Stein in den Weg zu legen?", sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle demnach. Die Maßnahme würde dem Bundesland selbst schaden.

Nutzen nur internationale Studierende, die bleiben?

Der CDU-Abgeordnete Marco Tullner argumentierte laut dpa, dass es nicht darum gehe, Studierende aus dem Ausland abzuschrecken. Das Ziel müsse sein, das Hochschulsystem mit Blick auf die kommenden Jahre finanziell zu stabilisieren sowie "ausländische Studierende hier zu halten und zu unseren Fachkräften von morgen zu machen", so Tullner. Er habe bei den Hochschulleitungen im Land eine große Bereitschaft für die Debatte wahrgenommen.

Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt könnten ihre Kapazitäten durch ausländische Studierende erst auslasten, sagte Willingmann, wie dpa berichtet. Zudem haben Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft erst unlängst ergeben, dass Deutschland von internationalen Studierenden auch ohne zusätzliche Gebühren profitiere, weil sie in Deutschland lebten und konsumierten. Er verwies darauf, dass Sachsen-Anhalt einen größeren Anteil der jungen Menschen dazu motivieren müsse, auch für den Berufseinstieg im Bundesland zu bleiben. Aber es habe auch einen Mehrwert, wenn Absolventinnen und Absolventen in ihre Heimatländer zurückkehrten. "Sie sind nicht selten die ersten Ansprechpartner für unsere Unternehmen, die im Export tätig sind oder ins Ausland investieren wollen", sagte er laut Mitteilung seines Ministeriums.

Uni-Rektor verweist auf mangelnde Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarkts

Der Rektor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU), Professor Jens Strackeljan, betonte zuvor, dass es nicht nur darum gehe, internationalen Studierenden Anreize zum Bleiben zu bieten, sondern auch um die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarkts.

In einigen Unternehmen seien Englischkenntnisse ausreichend, insbesondere in der IT-Branche – in anderen Deutsch erforderlich, was die Jobsuche für internationale Absolventinnen und Absolventen einschränke, erklärte Strackeljan. Die Uni Magdeburg biete deshalb bereits kostenlose Deutschkurse für Studierende an.

Wie viele Absolventinnen und Absolventen aus Nicht-EU-Ländern nach dem Studium in Sachsen-Anhalt bleiben, dazu könne man derzeit keine konkreten Zahlen nennen und demnach schwierig einen Ansatzpunkt für Handlungsbedarf ausmachen, so Strackeljan. Diese Zahlen wolle man aber ergründen.

Von mehr als 12.000 Studierenden an der OVGU zum laufenden Sommersemester kommen 4.751 aus dem Ausland. Die größte Gruppe mit mehr als 2.000 Studierenden stammt aus Indien.

AfD kritisiert englischsprachige Studiengänge

Auch die AfD befürwortet Maßnahmen zur stärkeren Steuerung bei internationalen Studierenden. "Auslandsstudiengebühren dürfen allerdings keine Hürde sein, die allein nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit selektiert", so Hans-Thomas Tillschneider. Es brauche ein intelligentes Gebührensystem. Zudem kritisierte Tillschneider das Angebot englischsprachiger Studiengänge. Wer in Sachsen-Anhalt studieren wolle, der müsse Deutsch können oder bereit sein, es schnell zu lernen.

Konsequent gegen Auslandsstudiengebühren stellten sich neben der SPD und den Grünen auch die Linke. "Das sind uralte Rezepte, die nicht funktioniert haben und zu Recht in der Geschichte der Hochschulpolitik verschwunden sind", sagte der hochschulpolitische Sprecher der Linksfraktion, Hendrik Lange.

Auf Bundesebene gibt es in der CDU Stimmen, im Ringen um die ärztliche Versorgung in Deutschland ausländischen Studierenden der Medizin ihr Studium in Rechnung zu stellen, wenn sie nach ihrem Abschluss gleich wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. "Wer hier studiert, soll mindestens fünf Jahre auf dem Land praktizieren. Wer das nicht will, muss die Kosten dieser erstklassigen Ausbildung zurückzahlen", schlug etwa der stellvertretende Unionsfraktionschef Sepp Müller (CDU) in der "Bild"-Zeitung vor, der den Wahlkreis Dessau-Wittenberg vertritt.

dpa/cpy