Abgase aus dem Auspuff eines Autos
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Umweltbelastung
Leopoldina erstellt Gutachten zur Verkehrspolitik

Ein Experten-Gremium plädiert für eine ressortübergreifende Strategie zur Luftreinhaltung. Problematisch sei vor allem die Feinstaubbelastung.

10.04.2019

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordert in einer aktuellen Stellungnahme zusätzliche Anstrengungen, um Schadstoffe in der Luft weiter zu reduzieren. Sie plädiert für eine bundesweite ressortübergreifende Strategie zur Luftreinhaltung. Zum Thema Luftschadstoffe hat die Wissenschaftsakademie eine Arbeitsgruppe mit Experten aus verschiedenen Fachbereichen eingesetzt.

Es sei nicht zielführend, die derzeitige Debatte auf Stickstoffdioxid zu verengen, heißt es in der Stellungnahme der Wissenschaftsakademie. Denn Feinstaub sei deutlich schädlicher für die Gesundheit. Daher sollten sich die Anstrengungen zur Luftreinhaltung auf die Feinstaub-Reduktion konzentrieren.

Die Quellen für Feinstaub seien vielfältig und lägen neben dem Straßenverkehr auch in der Energieversorgung und Haushalt, Landwirtschaft und Industrie. Einige dieser Bereiche seien bisher nicht gesetzlich geregelt.

Frühere, langfristig angelegte Maßnahmen, etwa zur Brennstoffqualität und Abgasreinigung, hätten in Deutschland bereits zu einer stetig besseren Luftqualität geführt. Kleinräumige und kurzfristige Maßnahmen, wie etwa Fahrverbote, halten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dagegen für weniger erfolgversprechend.

Neues Mobilitäskonzept notwendig – Debatte über Grenzwerte nicht zielführend

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen in dem Papier darauf hin, dass beim Verkehr vor allem der Ausstoß von Treibhausgasen problematisch sei. Eine Reduktion der Treibhausgase werde Deutschland nur mit einer nachhaltigen Verkehrswende erreichen. Diese erfordere die Weiterentwicklung von Mobilitätsformen mit geringen Emissionen, wie etwa Elektro-Autos.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen weisen darauf hin, dass weder für Stickstoffdioxid noch für Feinstaub ein exakter Schwellenwert festgelegt werden könne, unterhalb dessen keine Gesundheitseffekte zu erwarten seien. Es sei nicht möglich eine Grenze zwischen gefährlich und ungefährlich zu ziehen.

Feinstäube können laut Experten unter anderem Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Lungenkrebs verursachen. Stickstoffoxide können Symptome von Lungenerkrankungen wie Asthma verschlimmern und tragen zur Bildung von Feinstaub und Ozon bei, so die Experten.

Den rechtlichen Rahmen für die deutsche Luftreinhaltepolitik und damit auch der Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub gibt eine 2008 beschlossene EU-Richtlinie vor. In Deutschland komme es bei Stickstoffoxiden zu Überschreitungen des relativ strengen Grenzwerts, der Grenzwert für Feinstaub werde so gut wie flächendeckend eingehalten. Er sei laut den Experten aber auch weniger streng.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe "Luftschadstoffe" der Leopoldina kommen aus den Fachgebieten  Medizin, Toxikologie, Biologie, Chemie, Epidemiologie, Technik- und Atmosphärenwissenschaften, Statistik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, Soziologie, Verkehrsforschung und Materialwissenschaften.

Geleitet wird das Gremium von Professor Jörg Hacker, Präsident der Leopoldina, Professor Martin Lohse, Vize-Präsident der Leopoldina, und Professor Sigmar Wittig aus dem Fachbereich "Mathematik, Natur- und Technikwissenschaften".

Auslöser für das angeforderte Gutachten "Saubere Luft – Stickstoffoxide und Feinstaub in der Atemluft" war eine Debatte, die von einer Gruppe Lungenärzten rund um Dieter Köhler ausgelöst wurde. Sie hatten die Schadstoff-Grenzwerte in Frage gestellt. Einige Zahlen haben sich inzwischen als falsch herausgestellt.

ckr/kas