Stapel mit Impfpässen
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Impfempfehlungen
Mediziner-Verbände stärken Stiko den Rücken

In der Pandemie liebäugeln Politiker mit Impfentscheidungen, die von Empfehlungen der Stiko abweichen. Fachgesellschaften betonen deren Gewicht.

02.06.2021

Der Ständigen Impfkommission (Stiko) kommt für wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte Impfempfehlungen eine zentrale Bedeutung zu. Diese sollte ihr auch weiterhin zugesprochen werden. Mit dieser Forderung stellten sich am Dienstag 28 medizinische Fachgesellschaften und die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hinter die Arbeit der Stiko in der Corona-Pandemie und sprachen ihr ihr ausdrückliches Vertrauen aus.

Mit Sorge betrachteten die Mediziner die aktuelle Diskussion um Impfziele, Priorisierung und die Verknüpfung von Impfung und Öffnungsstrategien, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung. "Der aktuelle Anlass der Vorbereitung einer Impfstrategie für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahre zeigt exemplarisch, dass ein solches, der Wissenschaft und Evidenz verpflichtetes Expertengremium dringend notwendig ist."

Nach dem Infektionsschutzgesetz sei es Aufgabe der Stiko, unabhängige Empfehlungen zu Schutzimpfungen herauszugeben. Diese seien wichtig "für die Transparenz, Klarheit, Verlässlichkeit und Akzeptanz staatlichen Handelns im Sinne des öffentlichen Gesundheitsschutzes", schreiben die Fachgesellschaften. Die Empfehlungen der Stiko seien "maßgeblich für die Länder, Gesundheitsämter und impfenden Ärzte". Die Länder sprächen darauf basierend öffentliche Empfehlungen aus, Ärzte und Ärztinnen klärten Impfwillige anhand dessen auf.

Die Stiko trage so – auch in der Corona-Pandemie – maßgeblich zu Risikobewertungen "auf den besten verfügbaren, wissenschaftlichen Erkenntnissen" und zum notwendigen breiten gesellschaftlichen Konsens für Impfkampagnen bei, schließen die Fachgesellschaften in ihrer Stellungnahme.

Stiko-Chef zögert mit Impfempfehlung für Kinder

Der Stiko-Vorsitzende Professor Thomas Mertens warb am Dienstag im NDR-Podcast "Das Coronavirus-Update" um Verständnis für die zögerliche Haltung bei Kinderimpfungen gegen Corona. Zugleich sprach er mahnende Worte in Richtung Politik. "Den Kindern bietet man ja kein Lakritzbonbon an, das ist ein medizinischer Eingriff, und der muss eben entsprechend indiziert sein", sagte Mertens.

Die Entscheidung, ob die Stiko empfehle, alle Kinder zwischen zwölf und 16 Jahren gegen das Coronavirus zu impfen, müsse "auf der besten verfügbaren Evidenzbasis getroffen werden". Die Daten aus der Zulassungsstudie des Herstellers reichten dafür nicht aus: "Die Zahl der in der Studie geimpften Kinder ist einfach zu gering, um eine belastbare Aussage über die Sicherheit in dieser Altersgruppe zu machen." Immerhin 1,3 Prozent der 1.100 in der Studie geimpften Kinder hätten schwere Reaktionen gezeigt.

Bei der generellen Entscheidung für oder gegen Impfungen von Kindern müssten auch Faktoren wie das niedrige Risiko für schwere Covid-19-Erkrankungen unter Kindern oder deren mäßiger Beitrag zur Herdenimmunität berücksichtig werden. Dass die Stiko empfehlen werde, Kinder mit Vorerkrankungen zu impfen, "daran kann eigentlich kein vernünftiger Zweifel bestehen", sagte Mertens. Impfungen als Voraussetzung für das normale Leben der Kinder seien hingegen ein Irrweg.

ckr/dpa