Das Foto zeigt eine lesende Frau in einer Buchhandlung
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Bevölkerungsumfrage
Millionen können nicht richtig Deutsch lesen und schreiben

Die eigene Grundbildung entscheidet maßgeblich über die beruflichen Chancen. Doch mangelt es auch bei vielen Muttersprachlern an Deutschkenntnissen.

07.05.2019

Mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland können nicht richtig lesen und schreiben. Von ihnen haben mit knapp 53 Prozent mehr als die Hälfte Deutsch als Muttersprache. Das geht aus einer vom Bundesbildungsministerium geförderten Studie der Universität Hamburg für das Jahr 2018 hervor. Am Dienstag wurden die Ergebnisse in Berlin vorgestellt. 76 Prozent haben trotz Schulabschluss Probleme beim Lesen und Schreiben.

Die größte Gruppe der Menschen mit Lese- und Schreibschwäche findet sich demnach unter den 46- bis 55-Jährigen. Gut 25 Prozent von ihnen stuft die Studie als "gering literalisiert" ein. Dahinter folgen die 36- bis 45-Jährigen mit 23 Prozent. Die kleinste Gruppe sind die 18- bis 25-Jährigen. Von ihnen haben und 12 Prozent Probleme mit dem Lesen und Schreiben. Vergleicht man die Geschlechter, überwiegt die Gruppe der Männer (gut 58 Prozent) die der Frauen (knapp 42 Prozent).

Etwas mehr als 62 Prozent der Betroffenen sind laut der Studie trotz der Lese- und Schreibschwäche erwerbstätig. Die Berufsauswahl ist jedoch eingeschränkt: Die meisten, knapp 50 Prozent, sind nach der Kategorisierung der Studie etwa als Hilfskräfte in der Nahrungsmittelzubereitung beschäftigt, jeweils rund 30 Prozent als Reinigungspersonal oder als Beschäftigte für die Bedienung von Maschinen.

Zahl der Personen mit Lese- und Rechtschreibschwäche sinkt

Insgesamt ist die Zahl derjenigen mit Schwächen beim Lesen und Schreiben gesunken, um 1,3 Millionen Menschen verglichen zu 2010. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek sprach mit Blick auf die Zahlen daher auch von einem "Erfolg für unser Bildungssystem". Enttabuisierung von Lese- und Schreibschwäche sowie mehr und bessere Angebote zum Lernen spielen laut Ministerium eine Rolle beim Rückgang der Zahlen. Stärker beachtet werden müssten jedoch noch Menschen mit Migrationshintergrund.

Kritischer sieht das Ergebnis die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die es als einen "gesellschaftspolitischen Skandal" bezeichnete, "dass es in einem reichen Staat wie Deutschland 6,2 Millionen funktionale Analphabeten gibt".

Als "gering literalisiert" gelten in der Studie diejenigen, die allenfalls einfache Sätze lesen und schreiben können. Einzelne können jedoch auch nur Wörter oder Buchstaben verstehen. Rund 7200 Deutsch sprechende Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren waren für die "Grundbildungsstudie LEO 2018" im Sommer 2018 befragt worden.

kas