Mobbing-Vorwürfe
MPG-Doktoranden mobilisieren gegen Machtmissbrauch
Das bundesweite Netzwerk der Doktorandinnen und Doktoranden der Max-Planck-Institute "PhDnet" hat ein Positionspapier zum Thema "Machtmissbrauch und Konfliktlösung" veröffentlicht. Es ist unter anderem eine Reaktion auf die von elf aktuellen und ehemaligen MPG-Wissenschaftlern – größtenteils anonym – geäußerten Mobbing-Vorwürfe gegen eine Direktorin des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Ähnliche Vorwürfe waren im Juli bereits gegen eine Direktorin des Max-Planck-Instituts für Astrophysik erhoben worden.
PhDnet will mit der Initiative laut eigenen Angaben verhindern, dass es an den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, aber auch insgesamt in der Wissenschaft zu Mobbing und Missbrauch kommt. Die Freiheiten von Direktoren wie Lehrstuhlinhabern sowie das Abhängigkeitsverhältnis von Nachwuchswissenschaftlern seien groß, was einen Missbrauch von Macht begünstige, so das Netzwerk. Hinzu komme ein hoher Publikationsdruck, der junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu verleiten könne, Schikanen für eine möglichst hohe Veröffentlichungsquote zu ertragen.
Die Themen "Machtmissbrauch und Belästigung jeglicher Art" sollten daher Teil der Verhaltenskodizes der Institute werden, sodass sich ein unabhängiges Komitee im Streitfall daran orientieren könne. Bislang finden sich diese Stichworte nicht in den "Hinweisen und Regeln der Max-Planck-Gesellschaft zum verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken".
Promotionskomitees und verpflichtende Führungstrainings
Ein weiterer Vorschlag betrifft die Promotionskomitees, die es bereits an einigen Max-Planck-Instituten gibt und die der Sprecherin von PhDnet zufolge aus mindestens drei Wissenschaftlern bestehen sollte. Diese Komitees sollten verpflichtend werden, damit Doktoranden nicht mehr in einem alleinigen Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Betreuern stehen, sondern weitere wissenschaftliche Ansprechpersonen haben. Dabei müsse die Rolle des Betreuers klar definiert werden und die Doktoranden sollten bestenfalls nicht von Einzelpersonen, sondern einem Institut angestellt werden.
Ähnliches schreibt auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft in Ihrer Veröffentlichung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis: "Es empfiehlt sich [...] für Doktorandinnen und Doktoranden neben der primären 'Bezugsperson' eine Betreuung durch zwei weitere erfahrenere Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler vorzusehen, die für Rat und Hilfe und bei Bedarf zur Vermittlung in Konfliktsituationen zur Verfügung stehen."
Ein wichtiger Punkt sind laut PhDnet außerdem "verpflichtende und regelmäßige" Führungstrainings für Betreuerinnen und Betreuer von Doktoranden. "Schlussendlich müssen wir anerkennen, dass die besten Wissenschaftler nicht unbedingt die besten Führungspersönlichkeiten sind", schrieb kürzlich die Sprecherin von PhDnet im "Zeit-Chancen-Brief".
Komme es dennoch zu Mobbing oder Belästigung müssten Doktoranden etwa dadurch geschützt werden, dass eine Forschungsorganisation ihre Anstellung und Bezahlung bis zum Ende der Promotion sichere und sie Zugang zu ihren Forschungsdaten behielten. Die betreuende Person wiederum solle nur noch gemeinsam mit einem anderen Wissenschaftler – bei schlimmeren Fällen gar keine – Doktorandinnen und Doktoranden mehr betreuen dürfen.
Das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Institut habe bislang nicht auf das Positionspapier reagiert, teilte eine Sprecherin von PhDnet Forschung & Lehre mit. Sie seien aber mit den Promovierenden-Vertretern des Instituts im Austausch, die folglich selbst Mitglied von PhDnet seien. Gegenüber Forschung & Lehre teilte das Institut mit, die Leitung der Max-Planck-Gesellschaft beschäftige sich mit den Vorwürfen. Diese wiederum stehe laut einer Sprecherin einem "konstruktiven Gespräch mit dem PhDnet zu diesem Thema offen gegenüber". Ein Austausch zu dem aktuellen Papier habe aber noch nicht stattgefunden.
aktualisiert am 17.08.2018, 15:47 Uhr
kas