Das Foto zeigt die Zentrale des Stifterverbandes in Essen
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Stifterverband
Neue Bildungslotterie geht an den Start

Die seit vielen Jahrzehnten etablierten Soziallotterien bekommen Konkurrenz: Jetzt kann man sein Glück zugunsten von Bildungsprojekten versuchen.

29.06.2018

Auf dem Glücksspielmarkt in Deutschland gibt es einen neuen Mitspieler: eine Lotterie, die Geld für Bildungsprojekte mobilisieren soll. Am kommenden Dienstag, den 3. Juli, soll die erste Ausspielung der Bildungs-Chancen-Lotterie sein, die mit Hauptgewinnen im Wert von bis zu zwei Millionen Euro lockt. Hinter dem Newcomer stehen der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, die Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.

"Es gibt noch keine Lotterie für die Bildung", antwortet Andreas Schlüter, der Generalsekretär des in Essen angesiedelten Stifterverbands, auf die Frage, warum noch eine weitere Lotterie auf den dicht besetzten Glücksspielmarkt in Deutschland drängen will. Die Erträge aus der Lotterie sollen in die Förderung von Projekten entlang der gesamten Bildungskette von der Kita bis zum lebenslangen Lernen fließen. Nicht nur in Deutschland, sondern etwa über die SOS-Kinderdörfer auch weltweit.

Kein "Ersatzfinanzier" für den Staat

"Solchen Projekten mit innovativen Ansätzen fehlen oft die finanziellen Mittel, um Menschen langfristig zu fördern", sagt Schlüter. Dafür solle die Lotterie Geld beschaffen. Als Ersatzfinanzier für den Staat verstehe sie sich aber nicht.

Die Bildungslotterie ist eine sogenannte Soziallotterie. Damit tritt sie gegen die Fernsehlotterie und die Lotterie Aktion Mensch an, bei denen die Spieler seit vielen Jahren gewinnen und Gutes tun können.

Dort wird die Entwicklung der neuen Konkurrenz genau beobachtet. "Jeder neue Anbieter ist ein Wettbewerber und wird von uns sehr ernst genommen", sagt Armin von Buttlar, Vorstand der Aktion Mensch. Denn die neue Konkurrenz werbe um die gleichen Kunden. "Das darf man nicht unterschätzen."

Die Aktion-Mensch-Lotterie hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben rund 450 Millionen Euro umgesetzt. Damit ist sie die mit Abstand größte Soziallotterie. Bei der Deutschen Fernsehlotterie betrug der Umsatz gut 184 Millionen Euro. Die Umsätze der Soziallotterien stagnieren nach Angaben der Aktion Mensch seit Jahren. Mindestens 30 Prozent der Einnahmen müssen in soziale Zwecke fließen, weitere mindestens 30 Prozent werden als Gewinne ausgezahlt – so sieht es der Glücksspielstaatsvertrag vor. Mit dem Rest wird die Lotteriesteuer an den Staat abgeführt und die Organisation bezahlt.

Ob die Konkurrenz einen Teil von diesen Gesamtumsätzen bekommen wird oder neue Spielerschichten erschließen kann, ist offen. Professor Tilman Becker von der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim sieht jedenfalls nur geringe Chancen für neue Anbieter, größere Umsätze zu erzielen. "Aktion Mensch und die Deutsche Fernsehlotterie sind seit Jahren etabliert. Da wird es schwer für neue Lotterien." Denn die Etablierten profitierten von ihrer engen Bindung an die Fernsehsender ARD und ZDF.

Kundenwerbung über das Internet

Die neuen Lotterien verkaufen ihre Lose über das Internet. "Als wir vor vier Jahren die Idee für die Bildungslotterie entwickelt haben, war der Online-Markt noch nicht besetzt", erinnert sich Schlüter. Mittlerweile ist das anders. Auch bei der Aktion Mensch spielt das Internet beim Losverkauf eine immer wichtigere Rolle. "Das ist der einzige wachsende Vertriebsweg", sagt Vorstand von Buttlar. Nur so könne man jüngere Spieler erreichen.

Der Start einer neuen Lotterie benötigt viel Zeit und auch Geld. Mit 20 Millionen Euro beziffert Stifterverbands-Generalsekretär Schlüter die Anlaufkosten für die Bildungslotterie. Geld, das bekannte Namen aus der deutschen Wirtschaft wie Christian Boehringer oder Bettina Würth als Risikokapital zur Verfügung gestellt haben, wie Schlüter berichtet. Die Drogeriekette Rossmann werde ab Oktober Losgutscheine verkaufen, die dann im Internet eingelöst werden könnten.

Im kommenden Jahr will die Lotterie zehn Millionen Euro umsetzen. Nach etwa zehn Jahren könnten es dann 100 Millionen Euro im Jahr werden – hoffen die Initiatoren.

dpa