

EU-Kommission
Neue EU-Forschungs-Kommissarin vorgeschlagen
Zehn Frauen und sechzehn Männer hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in Straßburg als Mitglieder ihres neuen EU-Kommissionskollegs vorgeschlagen. Als Kommissarin für Start-ups, Forschung und Innovation hat sie die Anwältin und frühere Außenministerin Ekaterina Sachariewa ausgewählt, die zur rechts-konservativen Partei GERB in Bulgarien gehört. Bildung fehlt in ihrem neuen Zuständigkeitsbereich, der anders gestaltet ist, als noch unter Vorgängerin Iliana Iwanowa, die Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend war. Die geplante Trennung von Bildung und Forschung in die Aufgabenbereiche unterschiedlicher Kommissariate kritisieren manche Stimmen aus der internationalen Forschungswelt, wie verschiedene Medien berichten.
Forschung und Innovation im Zentrum der Wirtschaft
Die Kernthemen der neuen Kommission von der Leyens sind Sicherheit, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit. Das sind Stichworte aus dem vergangene Woche präsentierten Bericht von Mario Draghi, auf den sie in ihren "Mission Letters" an die designierten Kommissarinnen und Kommissare verweist. Auch zu Sachariewas Aufgaben wird es gehören, Draghis Empfehlungen umzusetzen. So schreibt von der Leyen an die künftige Forschungs-Kommissarin, dass die Wettbewerbsfähigkeit Europas verlange, dass Forschung und Innovation, Wissenschaft und Technologie im Zentrum der Wirtschaft stünden. Sachariewa solle dazu beitragen, dass Europa mehr und strategischer investiere und bahnbrechende Innovationen fördere.
Sachariewa sei damit beauftragt, den Europäischen Innovationsrat (EIC) und den Europäischen Forschungsrat (ERC) auszubauen. Sie solle auch einen Beschluss über eine Europäische Forschungsumgebung vorbereiten, die die uneingeschränkte Bewegung von Forschenden, Wissen und Technologien erlaube und die Fragmentierung der Wissenschaft löse. Es solle ein "pan-europäisches Forschungsökosystem mit Infrastrukturen und Dienstleistungen" entstehen. Dafür müssten die Hochschulallianzen gestärkt werden. Es sei eine weitere Aufgabe von Sachariewa zusammen mit anderen Kommissionsmitgliedern wie Henna Virkkunen, Vizepräsidentin für Technische Souveränität, Sicherheit und Demokratie, einen Forschungsrat für Künstliche Intelligenz (KI) aufzubauen. Außerdem solle sie eine Strategie entwickeln, wie europäische Forschende KI schneller aufnehmen können.
Sachariewa wird von der Kommissionspräsidentin mit der Durchführung von Forschungsförderprogrammen wie "Horizon Europe" betraut, deren Geldervergabe sie überwachen soll. An dieser Stelle erwähnt von der Leyen das 2028 startende Folgeprogramm von Horizon Europe "FP10" allerdings nicht gesondert, was einige Beobachter laut "Science Business" zur Befürchtung bringt, dass es einem umfassenderen Wettbewerbsfonds untergeordnet werden könne.
Reaktionen aus der Forschungswelt
Das neu zum Portfolio der Forschungs-Kommissarin gehörende Themenfeld der Start-Ups dürfe die Universitäten enttäuschen, vermutet "Science Business". Es signalisiere, so Thomas Jørgensen von der "European University Association" (EUA) gegenüber dem Onlinemagazin, dass Forschung vordergründig in ihren kommerziellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten und Auswirkungen betrachtet werde.
Bildung gehört künftig in den Wirkungsbereich von Kommissarin Roxana Mînzatu, die laut Mitteilung der EU-Kommission zuständig ist für Menschen, Kompetenzen und Vorsorge. Dazu gehören demnach Bildung und Kultur, hochwertige Arbeitsplätze und soziale Rechte. Das Programm Erasmus+ und die Arbeit an einem europäischen Bildungsraum sind ebenfalls Teil ihres Aufgabenspektrums, wie von der Leyen in ihrem "Mission Letter" an die Rumänin schreibt. Mînzatu soll ebenso wie Sachariewa an der Förderung der europäischen Hochschulallianzen arbeiten.
Laut "Science Business" vermisst Jørgensen, dass die Hochschulbildung in Sachariewas Aufgabenbeschreibung genannt ist. Er frage sich, wie sie zwischen den Kommissarinnen Sachariewa und Mînzatu verteilt sein soll und betone ihren engen Zusammenhang mit dem Thema Forschung. Bei Hochschulen sei es problematisch, Bildung und Forschung zu trennen.
Von der Leyens Kommissionskolleg ist noch nicht in Stein gemeißelt. Zunächst werden die vorgeschlagenen Kommissarinnen und Kommissare von den zuständigen Fachausschüssen im Europäischen Parlament befragt und auf Tauglichkeit und Befangenheit geprüft, bevor im Herbst über sie abgestimmt wird. Auch an der Frauenquote von aktuell 40 Prozent kann sich dann noch etwas ändern, angestrebt hatte von der Leyen ausgeglichene Geschlechterverhältnisse.
cpy