Einreisende an der britischen Grenze am Flughafen
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Großbritannien
Neue UK-Visa basieren auf Hochschulranking

Ob Hochschulabsolventen sich für ein neues britisches Visa-Programm bewerben können, entscheidet die gewählte Hochschule – und der Abschlussjahrgang.

03.06.2022

Großbritannien hat am Montag ein neues Visa-Programm für Akademikerinnen und Akademiker gestartet. Wie die britische Regierung auf ihrer Webseite mitteilt, können über die "High Potential Individual Visa" Absolventen ein britisches Arbeitsvisum erhalten, wenn sie ihren Abschluss innerhalb der letzten fünf Jahre an einer Universität erworben haben, die die Regierung zu den weltweit besten 50 Einrichtungen des jeweiligen Jahres zählt. Das Programm soll laut der Regierung besondere Talente am Anfang ihrer Karriere nach Großbritannien bringen, wo sie "den britischen Arbeitsmarkt bereichern sollen". Ein bestehender Arbeitsvertrag ist keine Voraussetzung für das Visa-Programm, ebenso wenig wie bestimmte Studienfächer oder Noten.

Die Universitäten, deren Absolventinnen und Absolventen für das neue Visum in Frage kommen, unterscheiden sich je nach Abschlussjahr. Auch deutsche Universitäten sind darunter, allerdings nicht immer die gleichen: Im Studienjahr 2021, also mit Abschlüssen, die zwischen dem 1. November 2021 und dem 31. Oktober 2022 erworben wurden, kommen aus Deutschland lediglich Kandidatinnen und Kandidaten der Ludwigs-Maximilians-Universität München in Frage, für 2020 sind es Absolventen der Technischen Universität München (TUM), für 2019 Bewerberinnen und Bewerber mit Abschlüssen der Universität Heidelberg und für die Jahre 2018 und 2017 Graduierte der Universität Heidelberg sowie der TUM. Es wirkt willkürlich, dass nicht nur die Hochschule, sondern auch das Jahr des Abschlusses darüber entscheiden, ob ein Talent willkommen ist oder nicht.

Kritik an den Grundlagen des Programms

Ermittelt werde die Liste der jeweils 50 besten Universitäten von der britischen Regierung laut Medienberichten pro Studienjahr auf Basis von drei Hochschulrankings: Dem Times Higher Education University Ranking, dem Quacquerelli Symonds World University Ranking und dem Academic Ranking of World Universities. Hochschulen müssten pro Jahr bei mindestens zwei der drei Rankings auf die besten 50 Plätze gekommen sein, um in die Visa-Liste aufgenommen zu werden. Gegenüber der BBC haben einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Enttäuschung darüber ausgedrückt, dass keine Absolventen von südasiatischen, südamerikanischen oder afrikanischen Institutionen für das Programm in Frage kommen.

Auch Phil Baty, verantwortlich für die Methodik des Times Higher Education University Rankings, kommentierte das Visa-Programm in einem Beitrag auf der Karriereplattform LinkedIn kritisch: Die Visavergabe werde sicherlich viele talentierte junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausschließen, die nicht an einer der berücksichtigten Hochschule ihren Abschluss gemacht haben. Er wünsche sich, dass die britische Regierung bei der Auswahl internationaler Talente einen inklusiveren Ansatz verfolgen würde.

Die Süddeutsche Zeitung, die ebenfalls über das Visa-Programm berichtet hat, betont, dass auch die Rankings an sich umstritten sind und sie etwa die Qualität der Lehre kaum berücksichtigten. Vor allem gingen Veröffentlichungen aus dem Bereich der Naturwissenschaften in angesehenen Fachmagazinen in die Bewertung ein. Auch Baty betont, dass die Rankings forschungsstarke Universitäten priorisierten.

Die britische Regierung verteidigt ihr Programm, indem sie argumentiert, dass es Bewerberinnen und Bewerbern ungeachtet ihres Geburtsorts eine Chance gibt. Auch gebe es keine Höchstgrenze für vergebene "High Potential Individual Visa". Erfolgreiche Bewerberinnen und Bewerber erhielten ein Arbeitsvisum, das zwei Jahre gültig ist, bei Promovierten sogar drei Jahre. Dieses könne unter bestimmten, auf der Webseite des Visa-Programms nicht näher beschriebenen Voraussetzungen, in ein längerfristiges Arbeitsvisum getauscht werden. Neben diesem Visa-Programm gebe es außerdem noch weitere Möglichkeiten, als Akademiker oder Akademikerin ein Visum für Großbritannien zu erhalten.

cpy