Die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Präsentation ihrer Kommissare
picture alliance / abaca

Europäische Kommission
Offener Brief gegen EU-Ressortnamen

Tausende Wissenschaftler haben den Ressorttitel "Innovation und Jugend" der EU-Kommission kritisiert. Er mindere den Wert von Bildung und Forschung.

27.09.2019

Mehrere tausend Vertreter aus der Wissenschaft haben sich in einem Offenen Brief an die designierte Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gewandt. Sie kritisieren darin den Namen des Ressorts "Innovation und Jugend" der EU-Kommission, das von der Leyen kürzlich vorgestellt hatte.

Dass in dem neuen Titel weder "Bildung" noch "Forschung" namentlich genannt werden, erhebe "die ökonomische Verwertbarkeit über deren Fundament, das Bildung und Forschung darstellten", heißt es in dem Brief. Zudem reduziere der neue Ressortnamen die "Bildung" auf die "Jugend", obwohl diese für alle Altersklassen essentiell sei.

Ohne Engagement für Bildung und Forschung gebe es im globalen Wettbewerb weder eine Grundlage für Innovation in Europa noch Wohlstand für dessen Bürgerinnen und Bürger, mahnen die Unterzeichner.

Die Unterzeichner fordern von der EU-Kommission, das Ressort stattdessen "Bildung, Forschung, Innovation und Jugend" zu nennen. Das Europäische Parlament solle die Namensänderung noch vor Bestätigung der nominierten Kommissare beantragen.

Prominente Unterstützung und über 9.000 Unterschriften

Der Brief zählt zum derzeitigen Stand rund 9.400 Unterschriften, darunter 18 Nobelpreisträger, zahlreiche Unirektoren und Präsidenten europäischer Wissenschaftsverbände sowie Forschungsgruppenleiter. Initiiert hatten ihn acht Professorinnen und Professoren, darunter Professorin Nora Brambilla (TU München) und Professorin Johanna Stachel (Uni Heidelberg), stellvertretend für die wissenschaftliche Community in Europa.

Neben mehreren europäischen Fachgesellschaften haben sich auch fünf deutsche Fachgesellschaften (DMV, DPG, GDCh, DVGeo und VBIO) der Forderung des Briefs angeschlossen. Wie ein Sprecher der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) gegenüber Forschung & Lehre berichtete, haben diese ein gemeinsames Protestschreiben an Ursula von der Leyen verfasst. Darin bedauerten sie vor allem den Wegfall des Begriffs "Forschung" im Ressortnamen und dessen symbolische Bedeutung sowie Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit. Ihre mehr als 60.000 Mitglieder hätte die DPG zudem aufgerufen den Offenen Brief zu unterzeichnen. Zusammen vertreten die fünf Gesellschaften über 110.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Gegenüber Forschung & Lehre hatten zuvor bereits die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), die European University Association (EUA) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Namensgebung kritisiert.

ckr