Foto von Günther Oettinger
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Ungarn
Orban will Oettinger für beratendes Gremium gewinnen

Günther Oettinger soll nach Wunsch von Viktor Orban dem neuen Rat für Wissenschaftspolitik in Ungarn vorsitzen. Der gibt sich Bedenkzeit.

22.02.2020

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban will den ehemaligen deutschen EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) als Co-Vorsitzenden für seinen neu gegründeten Nationalen Rat für Wissenschaftspolitik gewinnen. Das berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf ungarische Medien. Das Angebot ist umstritten, weil die Wissenschaftsfreiheit in dem Land unter Druck ist.

"Ich bin selbstverständlich bereit, meine Erfahrung einzubringen, und prüfe das Angebot genau", sagte Oettinger gegenüber dem "Spiegel". Er sei diese Woche zu Gesprächen in Budapest gewesen, habe aber noch keinen Vertrag unterschrieben. "Ich werde nicht für ein Gremium arbeiten, das die Wissenschaftsfreiheit nicht genügend achtet", betonte der frühere baden-württembergische Ministerpräsident. Er wolle sich nun weitere Informationen zukommen lassen. Bereits früher stand Oettinger für seine Nähe zu Orban in der Kritik.

Das neue Gremium soll den ungarischen Medien zufolge die Regierung in Forschungsfragen beraten und die Vergabe von Geldern überwachen. Zu den Mitgliedern des Rates soll demnach unter anderem auch der Direktor eines Max-Planck-Instituts zählen. Oettinger wäre das einzige Ratsmitglied, das nicht aus Ungarn stammt. Da der ehemalige EU-Kommissar sein Amt erst kürzlich aufgegeben hat, muss auch die EU-Kommission mit einem möglichen neuen Posten einverstanden sein. Laut "Spiegel" sehen Europaparlamentarier Oettingers geplantes Engagement kritisch.

Orbans Regierung baut derzeit das akademische System in Ungarn um – nach eigenen Angaben, um effizientere Strukturen zu schaffen. Teil dessen ist auch der neue Rat für Wissenschaftspolitik. Im vergangenen Jahr hatte das Parlament in Budapest zudem ein Gesetz verabschiedet, mit dem Forschungsinstitute aus der Akademie der Wissenschaft herausgelöst und stärker unter staatliche Kontrolle gestellt werden sollten. Orban wird vorgeworfen, damit die Wissenschaftsfreiheit in seinem Land immer weiter einzuschränken. Zuletzt musste die international ausgerichtete "Central European University" (CEU) auf Druck der ungarischen Regierung nach Wien verlegt werden.

ckr