

Propalästinensischer Protest
Schaden am HU-Hörsaal auf 100.000 Euro geschätzt
Rund 90 Menschen haben am 16. April den Emil-Fischer-Hörsaal der Humboldt-Universität zu Berlin besetzt. Sie wurden am Abend von der Polizei aus dem Hochschulgebäude geführt und ihre Personalien wurden festgestellt. Das berichtet die Deutsche Presseagentur (dpa) mit Verweis auf Polizeiangaben. Die Polizei hat nach der Besetzung des Hörsaals 100 Strafermittlungsverfahren eingeleitet.
Der Emil-Fischer-Hörsaal auf dem Campus Nord sei gegen 14 Uhr besetzt worden, wie auch andere Medien berichten. Das Präsidium der Humboldt-Universität habe die Polizei um Räumung des Gebäudes gebeten, weil Fotos vom Ort des Geschehens Sachbeschädigungen im Innenraum und an der Fassade zeigten. An der Fassade des Gebäudes brachten die Besetzerinnen und Besetzer aus Fenstern heraus Banner an, auf denen unter anderem ein Hamas-Dreieck zu sehen war. Der Spruch "Free Gaza" sei an die Hauswand geschrieben worden. Im Hörsaal seien an alle vier Wände Parolen gesprüht worden, berichtet etwa Tagespiegel Online. Auch Sitzbänke seien demnach herausgerissen worden. Auf einem Video ist zu sehen, wie Menschen angezündete Pyrotechnik aus Fenstern halten, meldet die dpa.
Gegenüber RBB-Inforadio habe die Präsidentin der HU Berlin, Professorin Julia von Blumenthal, die polizeiliche Räumung verteidigt. Die erkennbaren Sachbeschädigungen, sowie terroristische Zeichen und gewaltverherrlichende Inhalte auf den Bannern und in den Sprüchen hätten gezeigt, dass "eine rote Linie überschritten" und die Räumung notwendig sei. Das Präsidium hätte dies gemeinschaftlich entschieden.
Beschädigungen am Hörsaal gravierend
Inzwischen wurde bekannt, dass die Besetzung Schäden hinterlassen habe, die dazu führen werden, dass der Hörsaal "für Wochen, möglicherweise Monate, nicht für die Lehre zur Verfügung stehen wird", wie das Präsidium der FU laut dpa am 17. April mitteilte. Demnach müssten geplante Veranstaltungen verlegt oder digital angeboten werden. "Der finanzielle und organisatorische Schaden trifft die gesamte Hochschulgemeinschaft", hieß es.
"Die Besetzung und Zerstörung war genau geplant und vorbereitet", sagte HU-Präsidentin Julia von Blumenthal der Deutschen Presse-Agentur am 22. April. Wer den Emil-Fischer-Hörsaal betrete, sehe sofort, dass es den Aktivistinnen und Aktivisten um Zerstörung gegangen sei.
Nun sollen sich Gutachterinnen beziehungsweise Gutachter nach Angaben der Universität ein Bild von den Schäden in dem denkmalgeschützten Hörsaal machen. Danach könne man damit beginnen, den Saal aufzuräumen. Nach ersten Schätzungen belaufe sich der Sachschaden auf 60.000 bis 100.000 Euro.
Zusammenhang mit Abschiebungsfällen
Die Besetzung stehe im Zusammenhang mit der drohenden Abschiebung von vier weiteren Aktivistinnen und Aktivisten, die im vergangenen Herbst an Protesten an der Freien Universität Berlin teilgenommen haben sollen. Die vier Personen aus den USA, Irland und Polen sollten bis zum 21. April Deutschland verlassen und haben gegen den Entzug ihres Visums beziehungsweise ihrer EU-Freizügigkeitsrechte geklagt und Eilanträge gestellt. Zuletzt hatte das Berliner Verwaltungsgericht in vier separaten Verfahren gegen die Abschiebung entschieden.
Das "FU Palestine Committee" erklärte laut dpa in einer Mitteilung, die Aktion an der HU sei Ausdruck "uneingeschränkter Solidarität mit allen Menschen auf der Flucht und allen von Abschiebung bedrohten Personen".
Auch vor dem HU-Gebäude haben sich laut Medienberichten einige Dutzend weitere Menschen zu einer Versammlung zusammengefunden. Diese haben laut Bericht von Tagesspiegel Online ebenfalls propalästinensische Parolen gerufen. Die Polizei verhinderte demnach ein Nachströmen von Personen in das Gebäude.
Hochschulinterne Konsequenzen für mutmaßlich beteiligte Studierende?
Noch ist unklar, ob und wenn ja wie viele Studierende der HU an der Besetzung beteiligt waren. Mutmaßlich beteiligte Studierende werden allerdings nicht nach dem verschärften Ordnungsrecht für Berliner Hochschulen hochschulintern bestraft, wie verschiedene Medien am 15. Mai berichten. Es sei an der HU noch nicht in Kraft.
Das neue Ordnungsrecht wurde in Folge des Angriffs auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira im vergangenen Sommer beschlossen. Es sieht vor, dass Studierende nach schweren Verstößen vom Lehrbetrieb ausgeschlossen und sogar exmatrikuliert werden können. Am 27. Mai solle die Satzung mit dem neuen Ordnungsrecht dem Akademischen Senat der HU vorgelegt werden, berichtet der Tagesspiegel. Sie gelte allerdings nicht rückwirkend, so die Berliner Morgenpost.
Könnten Schadenshandlungen einzelnen Personen eindeutig zugeordnet werden, werde die Hochschule allerdings Schadenersatzansprüche geltend machen, kündigte HU-Präsidentin Professorin Julia von Blumenthal gegenüber dem Tagesspiegel an. Ein Strafantrag gegen all jene, die sich im Hörsaal verschanzt hatten, sei bereits gestellt.
zuletzt aktualisiert am 16.05.2025 um 11.06 Uhr (Hochschulinterne Konsequenzen), zuerst veröffentlicht am 17.04.2025.
cpy/dpa/cva