Portraitfoto von Prof. Dr. Sabine Kunst.
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Berliner Hochschulnovelle
Präsidentin der Humboldt-Universität tritt zurück

Sabine Kunst tritt als Präsidentin der HU Berlin zurück. Sie könne die Novelle des Berliner Hochschulgesetzes nicht mittragen.

26.10.2021

Gut ein halbes Jahr nach Beginn ihrer zweiten Amtszeit hat Professorin Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin, ihren Rücktritt angekündigt. Als Grund nannte sie die Novelle des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG). "Persönlich halte ich die wissenschaftspolitischen Weichenstellungen des BerlHG für gut gemeint aber schlecht gemacht", hieß es in einer Erklärung der Präsidentin auf den Seiten der Hochschule. Zum Ende des Jahres will Kunst ihr Amt niederlegen.

Die Änderungen in ihrer Gesamtheit gefährdeten die exzellente Weiterentwicklung der Humboldt-Universität und den Wissenschaftsstandort Berlin. "Auf der Grundlage meiner Erfahrungen und Überzeugungen kann ich diese politische Entscheidung nicht mittragen und trete deshalb von meinem Amt zurück", erklärte Kunst. Für tiefgreifende Veränderungen im Sinne des neuen Gesetzes reiche die Finanzierung nicht aus.

Die Novelle des BerlHG führe unter anderem zu einer Änderung der Personalstrukturen der Universität. Die Zahl von unbefristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern werde sich über die nächsten Jahre hinweg deutlich erhöhen. "Darauf sind unsere aktuellen Strukturen aber nicht ausgerichtet", so Kunst.

Es sei an den Wissenschaftspolitikern im Land aber auch im Bund, Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Berliner und des deutschen Wissenschaftssystems zu gestalten und die Hochschulen mit den Herausforderungen der Neuausrichtungen nicht alleinzulassen.

Berlins Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) hat sich über den geplanten Rücktritt der Präsidentin der Humboldt-Universität, Sabine Kunst, verwundert gezeigt. Sie habe die Hochschule in vielen wichtigen Punkten vorangebracht und den Wissenschaftsstandort Berlin aktiv mitgestaltet, teilte der SPD-Politiker am Dienstag mit. "Wir nehmen den Rücktritt von Prof. Sabine Kunst mit Bedauern und Verwunderung zur Kenntnis."

Kunst hatte im Gespräch mit dem Sender RBB am Dienstag unter anderem kritisiert, dass der Paragraf "ohne Rücksprache mit den Hochschulen" dem Gesetz hinzugefügt worden sei, «und ohne einen Blick darauf zu legen, ob damit auch die Umsetzung dessen, was politisches Ziel war, gelingen kann». Auch die Finanzierung sei ungeklärt. Müller wies diese Kritik zurück: "Die Anforderungen des neuen Hochschulgesetzes mögen anspruchsvoll sein, aber sie sind wichtig für die langfristige Stärkung des Standorts und im konstruktiven Miteinander zwischen Hochschulen und Senat gut umsetzbar", so Müller.

Reaktionen aus weiteren Berliner Universitäten

Der Präsident der Technischen Universität Berlin, Professor Christian Thomsen, hat Verständnis für den Rücktritt Kunsts und fordert eine weitere Novelle des Berliner Hochschulgesetzes. "Das Land Berlin hat mit der Novelle der international viel beachteten Erfolgsgeschichte der Berliner Universitäten einen schmerzhaften Dämpfer verabreicht. Der Rücktritt von Sabine Kunst ist ein deutlicher Ausdruck dessen", sagt Thomsen am Dienstag in Berlin.

Das Ziel des Gesetzgebers, planbarer und attraktiver Lebens- und Karrierewege für hoch qualifizierte Nachwuchswissenschaftler zu schaffen, sei in der jetzigen Formulierung des Gesetzes nicht realisierbar. "Deshalb fordere ich zeitnah konstruktive und offene Gespräche mit der Politik, bei denen die Hochschulen gleichberechtigt am Tisch sitzen, und wir gemeinsam über eine Novellierung der Novelle sprechen", sagte Thomsen.

Die Universität der Künste Berlin habe schon vor der Verabschiedung der Novelle des Hochschulgesetzes deutliche Kritik an Teilen der Inhalte geäußert, die leider nicht berücksichtigt worden seien. "Dass es nun aufgrund der neuen Gesetzgebung zum Rücktritt der Vorsitzenden der Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen und geschätzten Präsidentin der HU zu Berlin kommt, mit der wir stets kooperativ und gut zusammengearbeitet haben, bedauern wir sehr", sagte Professor Norbert Palz, Präsident der Universität der Künste.

Auch der Präsident der Freien Universität Berlin, Professor Günter M. Ziegler, äußerte sein Bedauern. Kunsts politische Kraft und Durchsetzungsfähigkeit werde im gemeinsamen Bemühen um Verbesserungen am neuen Berliner Hochschulgesetz sehr fehlen.

Sabine Kunst ist seit Mai 2016 Präsidentin der Humboldt-Universität. Ihre zweite fünfjährige Amtszeit begann am 11. Mai 2021.

zuletzt aktualisiert am 27.10.2021 um 10:18 Uhr, zuerst veröffentlicht am 26.10.2021 um 12:30 Uhr

dpa/cpy