Bernd Lucke und Demonstranten bei Luckes erster Vorlesung an der Uni Hamburg
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Hamburg
Proteste verhindern Lucke-Vorlesung

Aktivisten haben eine Vorlesung von Bernd Lucke an der Uni Hamburg verhindert. Es sollte die erste nach dessen Rückkehr aus der Politik sein.

16.10.2019

Mehrere hundert Demonstranten haben an der Universität Hamburg die erste Vorlesung von AfD-Mitbegründer Bernd Lucke seit dessen Rückkehr an die Uni verhindert. Immer wieder riefen Aktivisten am Mittwoch in einem Hörsaal des Uni-Hauptgebäudes "Hau ab", einige bewarfen den Wirtschaftswissenschaftler mit Papierkugeln. Ein junger Mann rempelte ihn an, eine Frau versuchte mehrmals sein Laptop zuzuklappen.

Lucke konnte sich kein Gehör verschaffen und daher nicht wie geplant über das Thema Makroökonomik sprechen. Rund ein Viertel der circa 500 Menschen im Raum wollte den Vortrag hören, der Rest sein Missfallen äußern, berichtet die "Welt". Angesichts der heftigen Proteste hat Lucke das Gelände nach fast zwei Stunden unter Polizeischutz verlassen. Gegenüber der "Welt" sagte Lucke anschließend, er fände es beschämend, als Nazi beschimpft zu werden. Aufgeben wolle er aber nicht: "Ich werde kommende Woche wieder meine Vorlesung halten. Ich weiche nicht zurück."

Die Studierendenvertretung Asta hatte zuvor zu einer Kundgebung vor dem Hauptgebäude der Uni aufgerufen, um unter anderem auf die Tragweite der politischen Handlungen Luckes hinzuweisen. Die Studierendenvertreter hatten mit bis zu 700 Teilnehmern gerechnet, gekommen waren rund 350. Am Montag hatte Lucke bereits eine erste kleinere Lehrveranstaltung gehalten.

Universität muss Auseinandersetzung "führen und aushalten"

Der Volkswirtschaftler und Euro-Kritiker Lucke war 2013 maßgeblich an der Gründung der AfD beteiligt und einer ihrer ersten Bundessprecher. 2014 hatte er sich von der Uni Hamburg beurlauben lassen, um als Berufspolitiker für die AfD ins Europaparlament zu wechseln. Nachdem er 2015 im Streit um eine stärker nationalkonservative Ausrichtung der Partei von Frauke Petry als AfD-Bundessprecher abgelöst worden war, hatte er die Partei verlassen und in der Folge fremdenfeindliche und rechtsextreme Tendenzen angeprangert.

Luckes Versuche, mit der von ihm gegründeten Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA), die sich später in Liberal-Konservative Reformer (LKR) umbenannte, politisch Fuß zu fassen, scheiterten. Bei der Europawahl Ende Mai kam die LKR mit Spitzenkandidat Lucke nur auf 0,1 Prozent der Stimmen.

Die Hamburger Wissenschaftssenatorin, Katharina Fegebank, und der Präsident der Hamburger Universität, Professor Dieter Lenzen, sagten zu der gestörten Vorlesung: "Die Durchführung freier wissenschaftlicher Lehre gehört zu den grundgesetzlich garantierten Pflichten und Rechten jedes Hochschullehrers und jeder Hochschullehrerin." Der Staat sei verpflichtet, die Durchsetzung dieser Rechte zu gewährleisten. Als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg sei Lucke, nachdem er nicht wiedergewählt wurde, pflichtgemäß an die Universität zurückgekehrt.

Unabhängig davon sei festzustellen, "dass Universitäten als Orte der Wissenschaft die diskursive Auseinandersetzung auch über kontroverse gesellschaftliche Sachverhalte und Positionen führen und aushalten müssen – insbesondere vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte", so Lenzen weiter.

dpa/ckr

zuletzt aktualisiert am 16.10.2019 um 17:12 Uhr