

Karrieren in der Wissenschaft
Reformen zu Dauerstellen stocken
Die Ampelkoalition hat sich ein Bund-Länder-Programm für "alternative Karrieren neben der Professur" zum Ziel gesetzt. So steht es im Koalitionsvertrag. Es ist allerdings fraglich, ob es innerhalb dieser Legislaturperiode noch kommt, so langsam sind die Fortschritte. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sieht die Bringschuld bei den Ländern, wie ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Ministeriums zeigt, den der Bundeshaushaltsausschuss vor einem Jahr angefordert hatte.
Das BMBF betont in dem Papier, dass das deutsche Wissenschaftssystem national und international attraktiver werden müsse, indem die Planbarkeit und Transparenz der wissenschaftlichen Karrierewege erhöht würde. Dafür habe es einen informellen Fachdialog mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen wissenschaftlichen Interessensgruppen initiiert. Ein Ergebnis des Dialogs sei gewesen, dass mehr Dauerstellen neue Konzepte für die Personalstruktur erforderten. Für diese seien zwar die Länder zuständig, es müsse aber bundesweit gemeinsame Standards geben, um einen "Flickenteppich" an unterschiedlichen Positionen zu vermeiden.
Bund und Ländern seien in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) nicht überein gekommen, so das BMBF. Bei der GWK-Sitzung am 12. Juli 2024 habe Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger den Ländern einen "ergebnisoffenen Reformprozess" vorgeschlagen, bei dem ein Expertenkreis Standards für Personalstrukturkonzepte hätte entwickeln können. Die Länder hätten dies abgelehnt, so das BMBF, was die Verantwortung für den stockenden Reformprozess zu den Ländern schiebt.
Stockender Prozess: Wissenschaftsminister weisen Kritik zurück
Die Länder weisen die Kritik auf Nachfrage von "Forschung & Lehre" zurück. Zunächst sei ihnen kein "konkreter Reformprozessvorschlag" vorgelegt worden, wie Jakob von Weizsäcker (SPD), saarländischer Wissenschaftsminister und Vorsitzender der neugegründeten Wissenschaftsministerkonferenz bemerkte. Am Vorabend zur GWK-Sitzung habe Stark-Watzinger die Länder lediglich darauf angesprochen, das Thema "wissenschaftliche Karrierewege und Personalstrukturen an Hochschulen" beraten zu wollen. Der BMBF-Bericht scheine nicht so, als wolle er "an dieser Stelle einen weitreichenden inhaltlichen Beitrag leisten."
Das Land Niedersachsen kündigt an, landesintern zu diskutieren, welche neuen Stellenkategorien geschaffen werden könnten. Es sei sich mit den Hochschulen einig, dass die Arbeitsbedingungen im Wissenschaftsbereich verlässlich sein müssen, so der niedersächsische Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) gegenüber "Forschung & Lehre". Gemeinsam mit der Landeshochschulkonferenz sei vereinbart, einen Kodex für "Gute Arbeit" zu entwickeln. Im Rahmen der Novelle des niedersächsischen Hochschulgesetzes werden voraussichtlich auch neue Stellenkategorien diskutiert.
Markus Blume (CSU), bayerischer Wissenschaftsminister, betonte auf Anfrage von "Forschung & Lehre", dass eine Veränderung der Karrierewege an den Hochschulen nur "im engen Schulterschluss mit den Ländern" erfolgen könne. Dazu hätten sie "gemeinsam mit dem Bund" den Wissenschaftsrat damit beauftragt, zur Frage der Dauerstellen in der Wissenschaft Empfehlungen zu erarbeiten. "Auf dessen Expertise wollen wir keinesfalls verzichten", so Blume.
Weitere Verzögerungen des Reformprozesses?
Für den 21. November ist die erste Sitzung der Wissenschaftsministerkonferenz vorgesehen. Vorsitzender von Weizsäcker bestätigt, dass im Rahmen dieser Sitzung ein erster Austausch unter den Länderministerinnen und -ministern vorgesehen sei.
Auch darüber hinaus könnten die Reformen nach aktuellem Stand allerdings weiter stocken: Blume berichtet, dass die Länder sich erst in der Wissenschaftsministerkonferenz zu den Dauerstellen beraten würden, wenn die Empfehlungen des Wissenschaftsrat "vorliegen und ausgewertet sind". Das scheint sich laut BMBF bis zum Frühjahr 2025 hinzuziehen. Dann plane der Wissenschaftsrat, ein Positionspapier zu den Personalstrukturen in der Wissenschaft vorzulegen, das diese Strukturen skizzieren könnte. Währenddessen müssen sich gerade jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Hinblick auf bessere Karriereaussichten gedulden.
cpy