Das Foto zeigt Bürger mit einem Transparent zur Rückkehr zum 9jährigen Gymnasium
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Schule
Rückkehr zu neun Jahren Gymnasium wird teuer

Immer mehr Bundesländer kehren zum Abitur nach neun Jahren zurück. Das dafür notwendige Geld, fehlt an anderen Stellen.

21.08.2018

Durch die Rückkehr zahlreicher Bundesländer von der acht- zu neunjährigen Gymnasialzeit entstehen bundesweit direkte Kosten von rund 1,2 Milliarden Euro. Das geht aus aktuellen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd) hervor.

Laut iwd dürfte dieser Betrag aufgrund der fehlenden Kostenabschätzungen einiger Bundesländer allerdings noch deutlich höher liegen. Auch seien die zusätzlichen Lehrerkosten nur für die Zeiten der Umstellung auf das G9 in die Rechnung eingeflossen – in der Realität würden diese jedoch auch danach weiter anfallen.

Bundesländer, die die Wochenstundenzahl an den Gymnasien erhöhen, brauchen den iwd-Berechnungen zufolge mehr Lehrkräfte: Nordrhein-Westfalen habe für den kompletten Umstellungsprozess, der im Schuljahr 2026/27 abgeschlossen sein soll, einen Mehrbedarf von 2.200 Lehrerstellen berechnet, die insgesamt 115 Millionen Euro pro Jahr kosten würden. Bayern plant 1.000 zusätzliche Vollzeitstellen und jährliche Mehrausgaben von 100 Millionen Euro ein, sobald der erste G9-Jahrgang 2025/26 in das 13. Schuljahr übertritt. Hessen rechnet ab 2021 mit einem kontinuierlichen Mehrbedarf von 450 bis 460 Gymnasiallehrern, was zu Mehrausgaben von 27 Millionen Euro führe, während Schleswig-Holstein 116 zusätzliche Stellen für die Umstellung veranschlage.

Konsequenzen für die Hochschulen

Auch die Konsequenzen für die Hochschulen, die sich in mehreren Bundesländern zu unterschiedlichen Stichtagen einem Null-Jahrgang an Abiturienten gegenübersehen, wurden nach Ansicht des iwd bislang ausgeblendet. Bereits bei der Umstellung auf das G8 sei es an den Unis und Fachhochschulen zu irreversiblen Kosten durch doppelte Abiturjahrgänge gekommen. Damals wurden dafür im Rahmen des Hochschulpakts sieben Milliarden Euro bereitgestellt.

Außer NRW haben bereits Niedersachsen, Hessen, Bayern und Schleswig-Holstein die Rückkehr zu G9 beschlossen. Allerdings präsentieren laut iwd die einzelnen Bundesländer jeweils eigene Konzepte zur konkreten Ausgestaltung des "wiederbelebten" G9 – zum Beispiel in Hinblick auf die Ausweitung der Wochenstundenzahl oder die Entscheidungsmöglichkeiten einzelner Schulen oder Schülerinnen und Schüler zwischen G8 und G9.

So werde die Wochenstundenzahl beispielsweise in Niedersachsen in der Sekundarstufe I verringert, in NRW dagegen um insgesamt bis zu 25 Stunden ausgeweitet. Über die gesamte Gymnasialzeit belaufe sich die Ausweitung der Wochenstundenzahl in Niedersachsen auf bis zu neun Stunden. Bayern erhöhe um bis zu 19,5 Stunden, habe aber angekündigt, im G9 deutlich weniger Nachmittagsunterricht anzubieten.

Die Wahlfreiheit, als Schule weiterhin das G8 anzubieten, gewähren der iwd-Übersicht zufolge Hessen, Schleswig-Holstein und NRW – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. In Bayern und Niedersachsen dagegen sei dies nicht möglich, dafür können einzelne Schülerinnen und Schüler mithilfe gezielter Förderung weiterhin das Abitur nach zwölf Jahren – vier Grundschul- und acht Gymnasialjahren – erreichen.

Diese Rückkehrvarianten führten in den Ländern zu ganz unterschiedlichen Abschätzungen der Raum- und Personalkosten. Niedersachsen etwa gehe davon aus, dass die Gymnasien aufgrund des allgemeinen Schülerrückgangs keinen Mehrbedarf an Räumen haben. Bayern dagegen rechne mit Kosten von 500 Millionen Euro für Neu- und Erweiterungsbauten, Nordrhein-Westfalen sogar mit 518 Millionen Euro.

gri