Fassade des Gebäude des Schwedischen Parlaments in Stockholm
picture alliance / Zoonar | Roman Sigaev

Plagiate und Datenfälschung
Schweden prüft Fehlverhalten in der Wissenschaft

In Schweden prüft eine zentrale Agentur Vorwürfe von ernstem Forschungsbetrug. Im ersten Jahr gingen dreimal mehr Fälle ein als erwartet.

15.09.2021

2020 sind 46 Fälle beim Nationalen Board für die Bewertung von wissenschaftlichem Fehlverhalten (NPOF) in Uppsala eingegangen. Die Mitarbeitenden der staatlichen Agentur in Schweden hatten im ersten Jahr seit der Einrichtung nur mit einem Drittel gerechnet. In 25 Fällen sind die Untersuchungen bereits abgeschlossen: Elfmal läge ihre Bewertung außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Agentur, zehn Forschende wurden von den Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens entlastet. In vier Fällen kam die Agentur zu dem Schluss, dass ein ernstes wissenschaftliches Fehlverhalten vorlag, wie der Jahresbericht der Agentur laut "Nature" resümiert.

30 der 46 Fälle stammten aus dem Bereich der Medizin, den Gesundheits- und den Naturwissenschaften. Insgesamt seien 56 einzelne Fehlverhalten genannt worden: Daten seien in zehn Fällen erfunden und in 18 Fällen gefälscht worden, es habe 18 Plagiate gegeben und zehn andere Arten von Fehlverhalten. Viele Vorwürfe seien aber auch das Ergebnis von persönlichen Differenzen, besonders zwischen Promovierenden und ihren Betreuenden. Diese seien keine Fälle von wissenschaftlichem Fehlverhalten, sondern lägen in Problemen mit dem Arbeitsumfeld begründet.

In zwei der vier Fälle, in denen die Agentur Forschenden Fehlverhalten nachweist, haben diese laut "Nature" Berufung gegen die Entscheidung eingelegt. Einer Person sei im August vom Verwaltungsgericht in Uppsala rechtgegeben worden – eine Entscheidung, gegen die das NPOF allerdings in Berufung gehen werde. Ein weiteres Verfahren laufe noch.

Das NPOF war 2019 per Gesetz durch das schwedische Parlament geschaffen worden, das dabei auch wissenschaftliches Fehlverhalten definierte: Erfindung und Fälschung von Daten und Plagiieren. Schweden reagierte mit der Einrichtung der Agentur auf einen massiven Vertrauensverlust in die schwedische Forschung, nachdem dem renommierten Chirurgen Paolo Macchiarini massives wissenschaftliches und ethisches Fehlverhalten nachgewiesen worden war und das Karolinska Institut in Stockholm, an dem Macchiarini arbeitete, die Kritik zunächst abgewehrt habe. Das NPOF hat im Januar 2020 seine Arbeit aufgenommen. Schweden ist damit nach Dänemark weltweit erst das zweite Land, das eine solche zentrale Agentur für wissenschaftliches Fehlverhalten hat.

cpy