Symbolbild: Vertragsunterschrift
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Arbeitsbedingungen
Spanien reformiert wissenschaftliche Karrieren

Mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen einen Dauervertrag bekommen. Das sieht eine Reform des Wissenschaftsgesetzes in Spanien vor.

01.09.2022

In Spanien könnten sich die Karriereverläufe von vielen Forschenden bald ändern: Die spanische Abgeordnetenkammer hat vergangene Woche der finalen Fassung der Reform des Gesetzes über Wissenschaft, Technologie und Innovation von 2011 zugestimmt. Die Reform beinhaltet unbefristete Arbeitsverträge für alle Arten von Forschenden und größere Arbeitsplatzsicherheit für Postdoktorandinnen und Postdoktoranden. So sollen die Karrieren von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erleichtert werden, indem die Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen ohne Absicherung der Zukunft verhindert werden, wie das Wissenschaftsministerium am 25. August mitteilte.  

Gleichzeitig werden die öffentlichen Ausgaben für Forschung erhöht: Bis 2030 sollen sich diese von aktuell 0,58 Prozent auf 1,25 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigern. Öffentliche und private Investitionen in die Forschung sollen dann zusammen etwa 3 Prozent des BIP betragen – dies würde den Anteil aus dem Jahr 2020 (1,4 Prozent) mehr als verdoppeln.

Bei der Gesetzesreform habe es laut dem Onlinemagazin "Science Business" zunächst Uneinigkeit zwischen der Abgeordnetenkammer, dem Senat und den Direktoren der wichtigsten spanischen Forschungszentren darüber gegeben, ob die neuen Arbeitsrechte auch für Forschende gelten sollten, die über europäische Forschungsförderprogramme wie etwa "Horizon Europe" gefördert werden. Dabei haben der Senat und die Direktoren der Forschungszentren die Position vertreten, dass dies hohe Mehrkosten erzeugen würde, da auch die Abfindungszahlungen für mit Projektende aufgelöste Verträge anstiegen. Nun wurde der Reform dennoch in einer Fassung zugestimmt, die auch diese Forschenden für unbefristete Verträge vorsieht.

Neuer Postdoc-Weg

Nach der Reform soll Postdoktorandinnen und Postdoktoranden zudem ein neuer Karriereweg offenstehen. In dessen Rahmen würden Verträge von bis zu sechs Jahren vergeben, so das Ministerium. Während dieser Zeit erfolge eine Zwischenbewertung mit anschließender Beförderung. Nach Ende der Vertragslaufzeit erhalten die Postdoktorandinnen und Postdoktoranden demnach ein Zertifikat, das dauerhafte Anstellungen an Forschungseinrichtungen und Universitäten erleichtern werde. Durch das Zeugnis entfalle ein Teil der Aufnahmeprüfungen für unbefristete Stellen. Mindestens 25 Prozent der Stellen an öffentlichen Forschungseinrichtungen und 15 Prozent der Stellen an Hochschulen sollen für diese Zugangsmöglichkeit vorgesehen sein, teilte das Ministerium mit.

Um auch die Geschlechtergerechtigkeit in Forschung und Wissenschaft zu verbessern, sollen Forschungseinrichtung nun laut Ministerium entsprechende Strategien entwickeln und diese jährlich überprüfen. Auch sollen Verfahren eingeführt werden, die sexuelle Belästigung und Diskriminierung verhindern. Allgemein sollen bürokratische Hürden im Wissenschaftssektor abgebaut und der Erkenntnistransfer zwischen Forschungseinrichtungen und der Öffentlichkeit verbessert werden.

Auch in Deutschland wird über Reformen der Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft diskutiert. Während mehrheitlich planbarere Karrieren und weniger Kettenverträge angestrebt werden, herrscht über den notwendigen Anteil der Dauerstellen weiterhin Uneinigkeit. Die im letzten Herbst beschlossene Reform des Berliner Hochschulgesetzes hatte etwa im Punkt der Dauerstellen für zahlreiche Kontroversen gesorgt.

cpy