Blick auf den Universitätsplatz und das Hauptgebäude der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
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Haushaltsloch in Halle
Sparplan des Rektorats zunächst vom Tisch

Das Rektorat der Universität Halle-Wittenberg hat dem Hochschulsenat einen umstrittenen Sparplan vorgelegt. Beschlossen wurden weitere Diskussionen.

02.06.2021

An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) war der Hochschulsenat am Mittwoch zu einer außerordentlichen, digital stattfindenden Sitzung geladen: Auf dem Programm stand der "Plan zur Profilschärfung und Haushaltskonsolidierung", der in der vergangenen Woche vom Rektorat der MLU um Rektor Professor Christian Tietje beschlossen und veröffentlicht wurde. Der Plan sah Einsparungen und Kürzungen in Millionenhöhe vor und hatte im Vorfeld der Sitzung heftige Kritik ausgelöst. Hintergrund des Papiers ist nach Angaben des Rektorats, dass die Universität unterfinanziert sei und 15 Millionen Euro jährlich im Haushalt fehlten. Die Landesregierung Sachsen-Anhalt hatte im Rahmen ihrer Haushaltskonsolidierungspläne der Universität Halle-Wittenberg umfangreiche Mittelkürzungen angekündigt. In vier Tagen wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt, auch vor diesem Kontext müssen die Debatten in Halle betrachtet werden.

Zu Beginn der Senatssitzung betonte Rektor Tietje, es ginge nicht um konkrete Schließungen von Fachbereichen oder eine Abstimmung über den vorgelegten Sparplan, sondern darum, ob ein Diskussionsprozess über den Haushalt der MLU und ihre Struktur eröffnet werde. Details bedürften weiterer Diskussionen. Entsprechend fiel auch das Ergebnis der Videokonferenz nach knapp vierstündiger Diskussion aus, bei der teilweise über 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusahen: Mit je einer Gegenstimme und einer Enthaltung wurde ein alternatives Papier beschlossen, vorgelegt von Senatsmitglied Bertolt Marquardt.

In diesem Papier heißt es, dass der Senat den "Plan zur Profilschärfung und Haushaltskonsolidierung" als "Einstieg in eine ergebnisoffene Diskussion zur Kenntnis" nehme. Der Senat "stellt fest, dass damit kein Detail zur Ausgestaltung der zukünftigen Personalstruktur im Bereich des wissenschaftlichen Mittelbaus, zur konkreten Streichung einzelner Professuren, zur konkreten Ausgestaltung der zukünftigen Fakultätsstruktur der MLU oder zu sonstigen, in dem Plan angesprochenen Themen entschieden ist." Einzelheiten bedürften der weiteren Diskussion in den jeweiligen Gremien der MLU. Auch der zeitliche Rahmen für Veränderungen müsse noch geklärt werden, bis Ende 2021 sollten allerdings haushaltspolitische Entscheidungen von unmittelbarer Bedeutung getroffen, bis Mitte des Sommersemesters 2022 alles Weitere entschieden sein.

Dieser Beschluss knüpfte an eine Stellungnahme der Dekane der betroffenen Fakultäten an, die im Vorfeld der Senatssitzung ihre Bereitschaft signalisiert hatten, sich den Herausforderungen zu stellen und eine "konstruktive Mitarbeit bei der Erarbeitung von Maßnahmen" anboten. Das Papier des Rektorats bezeichneten die Dekane in ihrer Stellungnahme als "eine erste Diskussionsgrundlage", die darin skizzierten Maßnahmen seien "in der vorliegenden Form jedoch keineswegs beschlussreif."

Das umstrittene Papier des Rektorats hatte vorgesehen, dass Fakultäten zusammengelegt, Institute mit anderen verbunden oder geschlossen werden sollten. Beispielsweise gab es an, dass es zukünftig keine Lehrstühle für Latinistik, Gräzistik, Mittel- und Neulateinische Philologie und für die Archäologie des Vorderorients an der MLU geben würde. Die Begründung: "Drittmittelstarkes Forschungspotential und Potential für angemessene Studierendenzahlen" sei dort "nicht erkennbar". Das Papier erachtete insgesamt Streichungen im Umfang von 100 Vollzeitstellen als notwendig, um das Loch im Haushalt der MLU auszugleichen. Zehn Professuren sollten wegfallen, darunter sieben in der "Philosophischen Fakultät I", weshalb sich die Fakultät von dem Papier besonders bedroht gefühlt habe, wie Professorin Petra Dobner, Inhaberin der Lehrstuhls Systemanalyse und Vergleichende Politikwissenschaft, bei der Senatssitzung deutlich machte.

Heftige Kritik im Vorfeld der Senatssitzung

Gegen die geplanten Kürzungen und Schließungen wendeten sich nach Bekanntwerden der Pläne der Fachschaftsrat der "Philosophischen Fakultät I", die betroffenen Dekane sowie der Studierendenrat der MLU. Der Fachschaftsrat startete eine Petition zur Rettung der betroffenen Fakultäten, die nach drei Tagen bereits über 14.000 Unterschriften gesammelt hat. Zudem hatte der Fachschaftsrat im direkten Vorfeld der Senatssitzung eine Protestveranstaltung auf dem Universitätsplatz in der Innenstadt von Halle organisiert, wo die universitätsöffentliche Sitzung von mehreren Hundert Studierenden per Audiosignal verfolgt werden konnte. Dies war vom Senat in der Sitzung per Abstimmung genehmigt worden.

Auch das Wissenschaftsministerium von Sachsen-Anhalt hatte einem Bericht der "FAZ" zufolge Kritik an dem Sparplan des Rektorats geäußert, der "überraschende wie irritierende Aussagen" beinhalte. Das Ministerium betonte, dass Maßnahmen wie die Änderung des Zuschnitts der Fakultäten aus strukturellen Gründen nur im Einvernehmen mit dem Ministerium umgesetzt werden könnten. Das Ministerium weise zudem den Vorwurf der Unterfinanzierung zurück. Vielmehr habe die Universität die Strukturreformen, die ihr der Wissenschaftsrat bereits 2013 empfohlen hatte, anders als die sechs anderen Universitäten des Bundeslandes, nie umgesetzt.
 

cpy