Ainu ist eine bedrohtesten Sprachen der Welt, hier die mehrsprachige Aufschrift auf einem Feuerlöscher neben Englisch und Japanisch auch in der Sprache der Ainu.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Noriaki Sasaki

Gefährdete Sprachen
Start des digitalen Humboldt-Sprachenarchivs

Zur Rettung bedrohten kulturellen Erbes: In Berlin entsteht ein Zentrum für die Dokumentation von Sprachen, die vom Aussterben bedroht sind.

08.09.2021

Berlin hat nun ein Zentrum für die Dokumentation bedrohter Sprachen: Das Endangered Languages Documentation Programme (ELDP) und sein digitales Archiv (Endangered Languages Archive, ELAR) sind von der School of Oriental and African Studies (SOAS) der Universität London an die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften übergesiedelt. Dort bilden sie die Grundlage für das entstehende Humboldt-Sprachenarchiv.

Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften feierte am Mittwoch den Umzug von ELDP und ELAR nach Berlin, den Auftakt des Zentrums für die Dokumentation bedrohter Sprachen und die Grundsteinlegung für das digitale Humboldt-Sprachenarchiv mit einem Festakt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters kommentiert: "Das digitale Humboldt-Sprachenarchiv trägt zur Rettung dieses gefährdeten Erbes und zur Verständigung bei, indem es den Forscherinnen und Forschern, aber auch den Angehörigen der verschiedenen Kulturen eine Stimme gibt."

Die Arcadia-Stiftung fördert das Zentrum für die Dokumentation bedrohter Sprachen in Berlin in den nächsten zehn Jahren mit 21 Millionen Euro. Das Humboldt-Sprachenarchiv wird außerdem für drei Jahre mit 600.000 Euro aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Die Situation bedrohter Sprachen

Aktuell werden etwa 6.500 Sprachen weltweit gesprochen, die Hälfte von ihnen wird es bis zum Ende dieses Jahrhunderts nicht mehr geben, wie ELDP auf seiner Internetpräsenz beschreibt. In vielen Teilen der Welt erzeuge die Globalisierung wirtschaftliche, politische und soziale Faktoren, die Menschen dazu zwingen, ihre traditionellen Lebensweisen aufzugeben, neue Einkunftsquellen zu suchen und in die Städte zu ziehen. Dies führe oft dazu, dass die Menschen aufhörten, ihre traditionellen Sprachen zu sprechen und zugunsten des sozialen und wirtschaftlichen Aufstiegs ihrer Kinder dominantere Sprachen zu sprechen. Während diese Entwicklungen ein stetes Phänomen in der Menschheitsgeschichte seien, haben sie laut ELDP doch im letzten Jahrhundert deutlich an Geschwindigkeit gewonnen.

Jede Sprache drücke ein einzigartiges Wissen aus, die Perspektive der Sprechergemeinschaft. Viele Sprachen seien noch nie beschrieben oder aufgenommen worden, so dass mit ihrem Aussterben die sprachliche Vielfalt der Menschheit spurlos verschwände. ELDP unterstütze daher die Dokumentation von bedrohten Sprachen und fördere Feldforschung zu ihnen mit 30-40 weltweiten Dokumentationsstipendien. Mit ELAR sind die dokumentarischen Sammlungen frei zugänglich: ELAR ist ein digitales Repositorium, das bedrohte Sprachen in einer multimedialen Formaten für künftige Generationen bewahrt. Die Aufnahmen enthalten Alltagsgespräche, aber auch Erklärungen, wie man Fischfallen oder Boote baut, oder etwa wie das Stammessystem funktioniert.

cpy