Gruppenarbeit von Studierenden
picture alliance/Westend61

Bildungsbericht
Trend zu höherer Bildung flacht ab

Ein Studium ist in Deutschland weiterhin beliebt. Die Zahl der Fächer und Hochschulen steigt. Doch deutet der Bildungsbericht eine Trendwende an.

23.06.2020

Eine Hochschulbildung ist in Deutschland weiterhin stark gefragt. Immer mehr Menschen haben die Hochschulreife und erlangen einen Hochschulabschluss. Die Studienanfängerzahl liegt weiterhin bei über einer halben Million. Gleichzeitig ist der Anteil der Schulabgänger ohne mindestens einen Hauptschulabschluss seit 2013 von 5,7 auf 6,9 Prozent (2018) stetig gestiegen, wie der Bericht "Bildung in Deutschland 2020" zeigt. Die Absolventenquote bei der Hochschulreife sei zurückgegangen (2014: 53 Prozent; 2018: 50 Prozent).

Die Hochschullandschaft hat sich laut Bericht weiter diversifiziert. Das Angebot an kleineren und spezialisierten Hochschulen wachse. Insbesondere die Zahl an privaten Hochschulen habe zugenommen. 2018 haben sich laut Bildungsbericht zehn Prozent der Studienanfänger für ein Studium an einer privaten Hochschule entschieden, 2010 waren es nur knapp sechs Prozent. Das Fächerprofil der privaten Hochschulen sei dabei enger und spezialisierter als etwa an Universitäten.

Studieren wollen laut Bericht insbesondere Studienberechtigte aus Akademikerfamilien. Sie entscheiden sich auch bei schlechteren Noten häufiger für ein Studium (71 Prozent) als Studienberechtigte aus Nicht-Akademikerfamilien (57 Prozent). Zwar haben Studienberechtigte mit Migrationshintergrund ein starkes Interesse an einem Studium, ihr Anteil bleibt aber vergleichsweise gering.

Der Anteil internationaler Studierender liege insgesamt bei 10,5 Prozent. Verhältnismäßig stark seien sie bei Masterabschlüssen und Promotionen mit 17 Prozent und 18 Prozent vertreten. Bei Erstabschlüssen machten internationale Studierende einen Anteil von nur vier Prozent aus.

Während der Master an Universitäten mit 90 Prozent laut Bildungsbericht der Regelabschluss ist, wechselt die Mehrheit der Studierenden an Fachhochschulen nach dem Bachelor in den Beruf, 40 Prozent machen noch einen Master. Bis zum Master seien Studierende mit knapp 13 Semestern genauso lange eingeschrieben wie bei Diplom, Magister oder Staatsexamen.

Diskussion über Bildungszugang gefordert

Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) plädiert mit Blick auf die Studie für eine stärkere Diskussion über die hohe Zahl der Studierenden. "Das stetig wachsende Hochschul- und Studienangebot eröffnet Studieninteressierten viele neue Möglichkeiten, kann aber auch überfordern", teilte das Institut mit. 40 Prozent der Studienberechtigten sagten demnach, dass die Vielfalt des Angebots sie vor Probleme stellt. "Auch ist die Teilhabe an hochschulischer Bildung in Deutschland weiterhin sehr ungleich verteilt, insbesondere mit Blick auf die soziale Herkunft und den Migrationshintergrund von Menschen." 

Die Autorinnen und Autoren des Berichts fürchten, dass die derzeitige Corona-Pandemie soziale Ungleichheiten bei der Bildung verschärfen könnte. Die Aufrechterhaltung und Bereitstellung von Bildungsangeboten wie auch ihre Inanspruchnahme seien aktuell die größte Herausforderung für alle Beteiligten. Empfohlen wird eine gezielte Weiterbildung von Lehrpersonal mit Blick auf digitale Kompetenzen.

Der Deutsche Philologenverband kritisiert fehlende Möglichkeiten für Lehramtsstudierende, Referendarinnen und Referendare und Lehrkräfte, digital unterstütztes gutes Lehren und Lernen im Präsenzunterricht auszuprobieren und zu reflektieren. Er fordert Präsenz- und digitale Fortbildungsangebote über das ganze Jahr  hinweg, an denen Lehrkräfte nach Wahl teilnehmen können und dafür freigestellt werden.

Der Bericht "Bildung in Deutschland" zeigt die Entwicklungsperspektiven in verschiedenen Bereichen des deutschen Bildungssystems. Er erscheint seit 2006 alle zwei Jahre und wird von einer Autorengruppe unter Federführung des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation herausgegeben, an der das DZHW beteiligt ist.

kas