Das Bild zeigt einen Tisch mit zwei Stühlen inmitten von Schutt.
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Ukraine-Krieg
Ukraine leidet unter "Brain Drain"

Science at Risk veröffentlicht einen Report zum Zustand des ukrainischen Wissenschaftssystems. Es besteht dringender Unterstützungsbedarf.

26.11.2024

Der aktuelle Monitoring Report von Science at Risk untersucht die Auswirkungen des Ukrainekriegs auf die betroffenen Forschenden und zeichnet ein bedrückendes Bild: Von 1.720 befragten ukrainischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus zwölf Regionen gaben über 44 Prozent an, unter Depressionen zu leiden. Fast 26 Prozent von ihnen seien durch den Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden, weil Familienangehörige getötet worden wären oder schwere Verletzungen erlitten hätten. Gut 5 Prozent der Befragten hätten selbst als Streitkräfte gedient.

Entsprechend ging 2022 auch die wissenschaftliche Produktivität der Forschenden zurück: Die Anzahl der Veröffentlichungen habe um zehn Prozent und die Teilnahme an Konferenzen im Ausland um knapp 30 Prozent abgenommen. Stark eingebrochen sei die Anzahl der Anträge auf Forschungsstipendien im In- und Ausland. Auch wenn sich die ukrainische Wissenschaft durch "bemerkenswerte Resilienz" auszeichne, ist der Bedarf an Unterstützung laut Bericht hoch.

Hilfsangebote kommen nicht immer an

So gaben in diesem Jahr 36 Prozent der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an, finanzielle Unterstützung zu benötigen – zehn Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Die vorhandene Unterstützung komme nicht immer an Ort und Stelle an: Knapp 60 Prozent der Befragten fehlten nach eigener Angabe Informationen über Hilfsangebote der internationalen Gemeinschaft. Sprachbarrieren und fehlende Qualifikationen wie Veröffentlichungen in internationalen Zeitschriften hinderten ukrainische Forschende daran, an internationalen Förderprogrammen teilzunehmen.

Unterstützung müsse vielfältig und leicht zugänglich sein sowie breit kommuniziert werden, schlussfolgert der Bericht. Um die Abwanderung der besten Köpfe zu verhindern, seien außerdem Anreize für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu schaffen, in der Ukraine zu bleiben. Das Land leide seit Längerem unter dem sogenannten Brain Drain, durch die russische Invasion habe sich das Problem aber massiv verstärkt. Zudem mache der starke Rückgang der Studierendenzahlen eine Umstrukturierung der Hochschullandschaft nötig.

Unterstützungsangebote aus Deutschland

Unterstützung kommt auch aus Deutschland. So pflegt etwa das Land Mecklenburg-Vorpommern seit Januar eine Partnerschaft mit der Verwaltungsregion Tschernihiw im Norden der Ukraine, berichtet die Deutsche Presseagentur. Für das kommende Jahr seien weitere Hilfslieferungen angekündigt worden – unter anderem Laptops und Möbel für Schulen. Außerdem werde die Ukraine bei Aufrechterhalt und Wiederaufbau ihrer Hochschulinfrastruktur unterstützt. Eine Zusammenarbeit von ukrainischen Krankenhäusern und der Universitätsmedizin im Bundesland gebe es bereits. Weitere Kooperationen zwischen den Hochschulen und Bildungseinrichtungen der Partnerregionen seien geplant.

Den Aufbau eines Deutsch-Ukrainischen Hochschulnetzwerks (DUHN) kündigte der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) am gestrigen Montag an. Im Rahmen des Programms würden gemeinsame Studiengänge und Lehrmodule entwickelt und ukrainisches Hochschulpersonal weitergebildet. Ziel sei es, "den Wiederaufbau des ukrainischen Hochschulsektors zu unterstützen, nachhaltige Kooperationen zwischen Hochschulen in Deutschland und der Ukraine aufzubauen und eine Integration der Ukraine in den europäischen Hochschulraum zu ermöglichen".

hes