Debattenkultur an Hochschulen
Uni-Präsidentin mahnt zu "argumentativem Streit"
Die HU Berlin hat ein Plädoyer für eine bessere Debattenkultur an ihrer Hochschule veröffentlicht. Darin bezeichnete das Präsidium der Hochschule den "verbalen öffentlichen Schlagabtausch" der vergangenen Monate und Jahre als der HU "unwürdig". Die Hochschulleitung fordert ein Zurück zu einem "argumentativen Streit", der auf gegenseitiger Anerkennung und Achtung aufbaue, wie es in der Stellungnahme "Wie gehen wir miteinander um?" heißt.
Hochschulangehörige hätten die Aufgabe, "konkurrierende Ansichten auszuhalten und Differenzen in argumentativen Streit zu überführen", schreibt die Hochschulleitung. Polemik, Beleidigungen und Diffamierungen hätten dagegen nichts auf dem Campus zu suchen. Das gelte für alle Mitglieder der Hochschule – egal ob Studierende oder Professorinnen und Professoren – und unabhängig davon, ob es um den persönlichen Austausch gehe, oder etwa um Diskussionen im Netz.
"Unsere Universität ist und bleibt ein Ort des freien und unabhängigen Austauschs", heißt es in der Mitteilung. Die Voraussetzung dafür sei, dass jedes Mitglied der HU ohne Angst wissenschaftliche Auffassungen äußern und zur Diskussion stellen könne. "Wissenschaftsfreiheit ist eines unserer höchsten Güter."
Schreiben folgt auf Debatte um Professor Jörg Baberowski
Das Präsidium der HU sieht den Ruf der Universität gefährdet: "Die Entgleisungen einzelner Angehöriger unserer Universität werfen ein Licht auf die Humboldt-Universität, das dem Selbstverständnis ihrer über 35.000 Studierenden und rund 4.000 Beschäftigten in keiner Weise gerecht wird", betont die Hochschulleitung in ihrem Schreiben. "Hatespeech, Rassismus, Sexismus und Fremdenhass haben keinen Platz an der HU und sind für uns in keiner Weise akzeptabel."
Angefügt sind der Stellungnahme unter anderem die Dienstvereinbarung der HU für ein respektvolles Miteinander, das Leitbild der HU und Thesen zur Wissenschaftsfreiheit. Das Schreiben folgt auf eine Sitzung des Akademischen Senats (AS) der HU am Dienstag. Dabei standen laut "Tagesspiegel" auch die Diskussionen über den Geschichtsprofessor Jörg Baberowski auf der Agenda.
Das Präsidium nennt keine Namen in seinem Schreiben. Es wird dennoch insbesondere als Reaktion auf die aktuelle Debatte betrachtet. So heißt es: "Aus aktuellem Anlass verurteilt das Präsidium der Humboldt-Universität verbale Beleidigungen, diffamierende Äußerungen und Kommentare oder Tweets, die zu Gewalt aufrufen, auf das Schärfste."
Zwei Studentinnen hatten Baberowski angezeigt, weil er sie als "linksextremistische Fanatiker" und "unfassbar dumm" bezeichnet hatte. Die Studentinnen hatten sich zuvor kritisch über ein von Baberowski geplantes Zentrum für Diktaturforschung geäußert. Sein Vorhaben ist vorerst gescheitert, weil es Kritik an dessen Besetzung gab. Der Streit wurde auch in den sozialen Medien breit diskutiert.
kas