Die Leiter der „Occupy Central“-Bewegung, auch bekannt als „Umbrella Movement“, bei einem Protest im April 2019: Chan Kin-man, Benny Tai (Mitte) und Chu Yiu-ming.
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Wissenschaftsfreiheit
Universität Hongkong feuert prominenten Juradozenten

Die HKU hat den Rechtsdozenten Benny Tai entlassen. Die Uni beruft sich auf ein Gerichtsurteil, Tai sieht es als "Ende der Wissenschaftsfreiheit".

29.07.2020

Der Rat der University of Hongkong (HKU) hat nach mehrmonatiger Debatte beschlossen, den außerordentlichen Professor und prominenten Gründer der prodemokratischen Bewegung "Occupy Central" Benny Tai, zu entlassen. Wie mehrere Medien am Dienstag berichteten, hat der Rat, das vorwiegend aus Externen besetzte Leitungsgremium der Uni, damit entgegen einer kürzlichen Entscheidung des Universitätssenats gehandelt. Der überwiegend aus Professoren und Dozierenden bestehende Senat habe keinen Grund zur Entlassung Tais gesehen.

Tai leitet den Berichten zufolge seit 2014 die Demokratiebewegung "Occupy Central", auch bekannt als Regenschirm-Bewegung. 2019 sei er in diesem Zusammenhang in zwei Fällen wegen Verschwörung und "Störung der öffentlichen Ordnung", schuldig gesprochen worden. Die Universität habe daraufhin eine Untersuchung eingeleitet, die nun mit der Entlassung endete. Von seiner 16-monatigen Haftstrafe habe er einige Monate im Gefängnis verbracht, bevor er auf Kaution entlassen worden sei. Die Berufung gegen sein Urteil laufe noch. Vor zwei Wochen ist er den Berichten zufolge erneut in den Fokus der chinesischen Führung geraten, weil er Vorwahlen für das prodemokratische Lager organisiert hatte.

Die Universität berief sich bei der Entlassung auf eine gerichtliche Entscheidung, wonach diese aus "wichtigem Grund" geschehe und mit der Universitätsverordnung vereinbar sei. In einer Stellungnahme hat die Uni am Dienstag von einem "gelösten Personalproblem bezügliche eines Lehrenden" gesprochen, ohne Tai namentlich zu nennen. Es sei eine interne Personalfrage, die Öffentlichkeit solle die "Autonomie der Institution respektieren".

Tai wertete seine Entlassung in einem Facebook-Post als "Ende der Wissenschaftsfreiheit in Hongkong". Die Entscheidung sei im Hintergrund von einer höheren Autorität getroffen worden, meint der Rechtsdozent. Akademische Institutionen in Hongkong könnten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht länger gegen Einflussnahme von außen schützen. Er wolle seine Forschung und Lehre nun andernorts weiterführen bis es eine "Wiedergeburt einer freien HKU" geben werde. Auch Nathaniel Lei, ein Studierendenvertreter im HKU-Rat, wertete die Entscheidung laut "Times Higher Education" (THE) als "Schlag gegen die Wissenschaftsfreiheit" und gegen die Autonomie der Hochschule.

In einem weiteren Fall sei der Vertrag eines prodemokratischen Dozenten der Hong Kong Baptist University nicht verlängert worden, teilte der Betroffene,  Shiu Ka-chun, laut "THE" am Montag mit. Am 30. Juni hat die chinesische Regierung ein nationales Sicherheitsgesetz in Hongkong eingeführt, das seit Juli gültig ist. Das neue Gesetz habe bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vor Ort und im Ausland Sorgen über ihre Wissenschaftsfreiheit ausgelöst.

ckr