Das Bild Ursula von der Leyen während einer Rede.
European Union, 2023 / Christophe Licoppe

Europäische Kommission
Von der Leyens "Political Guidelines" für die Wissenschaft

Die Kommissionspräsidentin will die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken. Forschung und Innovation spielen dabei eine entscheidende Rolle.

01.08.2024

Vor einer Woche wurde Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin wiedergewählt – mit einem besseren Ergebnis als bei ihrer Wahl vor fünf Jahren. Zuvor hatte sie den Abgeordneten des Europäischen Parlaments ihre Prioritäten für Europa skizziert: Oberstes Ziel seien Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit, dafür müsse Europa "einen Gang hochschalten". Dass Wissenschaft und Technologie als Schlüsselfaktoren eingeschätzt werden, lässt sich von der Leyens "Political Guidelines" unschwer ablesen: "Forschung und Innovation in den Mittelpunkt unserer Wirtschaft rücken" heißt es dort.

Damit Europa sich als grüne und digitale Wirtschaftskraft behaupten könne, müsse "ein neues Zeitalter der Erfindungen und des Einfallsreichtums" anbrechen. Zu diesem Zweck wird eine Erhöhung der Forschungsausgaben angekündigt. Auch sollen Europäischer Forschungsrat (ERC) und Europäischer Innovationsrat (EIC) ausgebaut werden. Im Hinblick auf den grünen und digitalen Wandel liegt ein besonderes Augenmerk auf der Biotechnologie – 2025 werde ein neues europäisches Biotechnologie-Gesetz vorgeschlagen. Um die Innovationsfähigkeit zu stärken und die klügsten Köpfe zu halten beziehungsweise anzuziehen, wird insbesondere auf die verstärkte Zusammenarbeit von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen gesetzt.

"Fortschritt durch Technik" als Leitthema

Thomas Jørgensen, Direktor für "Policy Coordination and Foresight" bei der European University Association (EUA), sieht "Fortschritt durch Technik" geradezu als Leitthema in von der Leyens Rede und den "Political Guidelines". Diese hohe Gewichtung von Forschung und Technologie sei in den letzten fünf Jahren weniger zu erkennen gewesen. "Insbesondere der Green Deal ist in der Art und Weise, wie von der Leyen ihn vorgestellt hat, viel mehr innovations- als regulierungsgetrieben."

Das Versprechen, den ERC zu stärken, gehe mit einem Verständnis für die Bedeutung der Grundlagenforschung einher. Allerdings habe man in den letzten Jahren auch beobachten können, dass Forschungsförderung mitunter für politische Zwecke instrumentalisiert werde. "Es gibt eine Tendenz, für jede neue Priorität einen neuen Fonds zu schaffen." Die Forschung müsse sich Freiraum bewahren und dürfe nicht vollständig politischen Erfordernissen unterworfen werden.

Dieser Artikel wurde am 1.8. um 13:15 Uhr aktualisiert (Infokasten) und am 25.7. erstmals veröffentlicht.

Das sogenannte "Europäische Paradoxon"

Laut einer aktuellen amerikanisch-italienischen Studie profitieren US-Unternehmen am meisten von der Förderung des Europäischen Forschungsrats (ERC), so berichteten zuerst "Science|Business" und "Research.Table". Im Hinblick auf Patentanmeldungen auf Basis von ERC-geförderter Forschung sei die USA führend. Dass hervorragende Grundlagenforschung nicht zu entsprechenden Erfindungen führe, sei als "Europäisches Paradoxon" bekannt. Viele Patentanmeldungen kommen laut Studie aus der amerikanischen Startup-Szene, während europäische Erfindungen aus Universitäten und Forschungseinrichtungen stammten. Die wiedergewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte zuletzt eine Stärkung des ERC an.

hes