Illustration: Sechs Frauenköpfe im Profil, alle kommen aus unterschiedlichen Regionen der Welt, eine Frau trägt ein Kopftuch.
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Kopftuch-Frage an Uni-Klinik
Vorgeschlagene Kopfbedeckung irritiert betroffene Musliminnen

Im Streit um das Tragen von Kopftüchern an der Uni-Klinik der Ruhr-Uni gibt es einen Kompromissvorschlag. Betroffene sind nicht zufrieden.

18.03.2022

Nach Diskriminierungsvorwürfen und harscher Kritik der Studierenden der Ruhr-Universität Bochum (RUB) am Kopftuchverbot an den Kliniken der katholischen St. Elisabeth Gruppe (SEG) hat der Klinkbetreiber mit Sitz in Herne am Donnerstag auf seiner Internetseite einen Kompromissvorschlag präsentiert.

"Frauen, die aufgrund ihres muslimischen Glaubens während der Arbeit auch Haare und Ohren bedecken möchten, können dies zukünftig in der St. Elisabeth Gruppe", hieß es dort. Muslimischen Frauen werde dafür eine "besondere Kopfbedeckung" als "Teil der Dienstkleidung" gestellt, erklärte Klinik-Geschäftsführer Theo Freitag. Dazu veröffentlichte das Unternehmen zwei Bilder, die eine Frau in medizinischer Arbeitskleidung mit einer weißen Haube zeigen. Die Haube bedeckt – ähnlich einer OP-Haube – Haare und Ohren, der nackte Hals ist indes zu sehen.

Die SEG erklärt ihren Kompromissvorschlag als einen, der die "gebotene religiöse Neutralität der Mitarbeiter gegenüber den Patienten als auch die privaten religiösen Interessen und Ausdrucksformen muslimischer Frauen respektiert". Der Entwurf sei mit dem Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster, dem Professor für Islamische Religionspädagogik Mouhanad Khorchide, abgestimmt worden. Laut Mitteilung der SEG hält Khorchide ihn für "eine für kopftuchtragende muslimische Frauen würdigende und praktische Kompromisslösung".

Kopftücher gibt es je nach kulturellem Hintergrund der Trägerinnen in zahlreichen Varianten. Der Entwurf ignoriert, dass die Frage, ob der Hals der Trägerin bedeckt sein sollte, unterschiedlich beantwortet wird. Eine einzelne Expertenmeinung kann angesichts der Vielfalt der Hintergründe muslimischer Frauen und der jeweils zugrunde liegenden verschiedenen Auslegungen und Rechtsschulen innerhalb des Islams nicht als repräsentativ angesehen werden.

Studierende der RUB reagieren irritiert

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur habe das Uni-Rektorat den Lösungsvorschlag zunächst begrüßt. Da er mit Khorchide abgestimmt sei, ginge die Universität davon aus, dass es sich um eine praktikable Lösung handele. Die betroffenen Frauen sind allerdings irritiert. Der Fachschaftsrat Medizin (FSR) der RUB begrüßte zwar die grundsätzliche Entscheidung der SEG, Mitarbeiterinnen künftig das Tragen eines Kopftuchs während der Dienstzeit zu erlauben. Gleichwohl sei man irritiert, dass der Entwurf weder mit Betroffenen noch mit dem FSR ausgearbeitet wurde. Der Vorschlag habe "wenig damit zu tun, was sich die Studierenden unter einem Kopftuch vorstellen", hieß es weiter: Ein rechteckiges Tuch aus einem elastischen Stoff, das sich Mitarbeiterinnen selbst binden und in das Oberteil ihrer Arbeitskleidung stecken können, sei ausreichend, wie FSR-Sprecher Emre Yavuz erläuterte.

Nach eigenem Bekunden arbeitet die SEG schon seit Längerem an einer Lösung für die Kopftuch-Frage. Der Konflikt war an die Öffentlichkeit gekommen, nachdem Medizin-Studierende sich Ende Februar in einem Brief bei den Klinik-Chefärzten über das Kopftuchverbot an den Häusern der SEG beschwerten, zu der auch das Marien-Hospital in Herne als Uni-Klinik gehört. Zuletzt hatte sich das Uni-Rektorat hinter die Studierenden gestellt. Die Forderung der Hochschule lautete: Es müsse von der SEG sichergestellt werden, "dass dort eine Unternehmenspolitik hinsichtlich Diversität und Inklusion umgesetzt wird, die mit den Werten und Regularien der RUB im Einklang ist".

dpa/cpy