Portraitfoto von Professor Walter Homolka
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Missbrauchsvorwürfe
Vorwürfe am Geiger Kolleg teilweise bestätigt

Die Uni Potsdam sieht die Vorwürfe am Geiger Kolleg teilweise bestätigt. Trotzdem soll Walter Homolka seine Arbeit an der Hochschule wieder aufnehmen.

26.10.2022

Eine Kommission der Universität Potsdam sieht einen Teil der Vorwürfe im Zusammenhang mit der Rabbinerschule Abraham Geiger Kolleg als bestätigt an. Nicht nachweislich bestätigt hätten sich Vorwürfe der Duldung des Verhaltens sexualisierter Belästigung eines Dozenten, teilte die Universität am Mittwoch bei der Vorstellung eines Berichts mit.

Gegenüber dem Kolleggründer und Rektor, Rabbi Professor Walter Homolka, hätten sich bisher die Vorwürfe eines Machtmissbrauchs durch Ämterhäufung, durch Schaffung problematischer Studien- und Arbeitsverhältnisse und durch Karriereeingriffe bestätigt. Die Untersuchungskommission habe mit 20 Menschen gesprochen und zusätzlich elf Einzelgespräche geführt. Viele Befragte hätten zu Protokoll gegeben, dass Homolka ein "Klima der Angst" geschaffen habe, heißt es im Bericht.

Der Potsdamer Universitätspräsident, Professor Oliver Günther, teilte am Mittwoch dennoch mit, dass Homolka seit 1. Oktober wieder als Professor der Universität im Dienst sei. "Soweit wir nach erster Sicht des Berichts sehen, ergeben sich keine straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen und damit auch keine beamtenrechtlichen Konsequenzen", erläuterte Günther. Die bisherige Beurlaubung im Zusammenhang mit den Vorwürfen sei zu Ende. Im Wintersemester habe Homolka allerdings ein Forschungssemester.

Die Universität kündigte an, Konsequenzen zu ziehen und Strukturen zu ändern. Die Leitungsfunktionen von Professor Homolka an der School of Jewish Theology sollten entflochten werden, es müsse mehr Transparenz geben. "Wir hätten alle genauer hinschauen sollen", sagte Günther. Am Kolleg selbst ist eine neue Struktur in Arbeit. Interimsdirektorin Gabriele Thöne teilte am Mittwoch mit: "Wir favorisieren die Umwandlung des Abraham Geiger Kollegs in eine unabhängige Ausbildungsstiftung."

Hintergrund der Vorwürfe

Im Mai waren Vorwürfe sexualisierter Belästigung durch Homolkas Lebensgefährten, bis Ende Februar 2022 Dozent am Geiger Kolleg, in einem Bericht der "Welt" öffentlich geworden. Homolka, der nicht nur Geschäftsführer des Abraham Geiger Kollegs für das liberale Judentum und des Zacharias Frankel Colleges für das konservative Judentum war, sondern auch Vizedirektor der School of Jewish Theology der Universität und Vorsitzender der Leo Baeck Foundation, ließ daraufhin seine Ämter ruhen. In einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit", seinem ersten seit Aufkommen der Vorwürfe gegen ihn, bekräftigte Homolka in dieser Woche, dass er "kein Vertuscher und kein Belästiger" sei. Er erlebe die Vorwürfe als Rufmord.

Eine fünfköpfige Kommission unter Leitung der Uni-Gleichstellungsbeauftragten Christina Wolff untersuchte die Vorwürfe im Bereich der School of Jewish Theology. Das Institut ist Teil der Universität, künftige progressive Rabbiner studieren gleichzeitig dort und am Geiger Kolleg. Die Kommission nahm auch den Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens unter die Lupe – dabei geht es zum Beispiel um Homolkas Dissertation. Das Gremium konnte laut Günther die Vorwürfe nicht abschließend prüfen, dies soll nun die Kommission der Uni zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens machen. Weiterhin lässt der Zentralrat der Juden in Deutschland parallel die Vorwürfe des Machtmissbrauchs prüfen.

aktualisiert am 26.10.2022 um 12.49 Uhr, zuerst veröffentlicht um 11.05 Uhr

dpa/cpy