Ein Mann und eine Frau am Laptop
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Bildungsinvestitionen
Weniger Pro-Kopf-Ausgaben für Studierende

Immer mehr Menschen haben in Deutschland einen Bildungsabschluss im Tertiärbereich. Die Investitionen halten mit dem Zuwachs nicht Schritt.

10.09.2019

Die Tertiärbildung hat in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren zugenommen. Zwischen 2005 und 2017 ist die Zahl der Studierenden im Jahresdurchschnitt um drei Prozent gestiegen. Im OECD-Durchschnitt waren es nur ein Prozent. Das geht aus dem aktuellen OECD-Bericht "Bildung auf einen Blick hervor". Jährlich wird darin der Stand der Bildung in den 36 OECD-Mitgliedstaaten untersucht.

32 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 25 und 34 Jahren hatten demnach im Jahr 2018 in Deutschland einen Tertiärabschluss. 2008 waren es noch 24 Prozent gewesen. Der Anteil von Männern und Frauen ist mit 31 Prozent beziehungsweise 34 Prozent vergleichbar. In anderen Ländern haben laut Bericht deutlich mehr Frauen einen tertiären Bildungsabschluss als Männer.

Die Pro-Kopf-Ausgaben pro Studentin und Student sind in Deutschland jedoch gesunken und liegen wieder auf dem Stand von 2005. Zwar habe der Staat zwischen 2010 und 2016 12 Prozent mehr in der Hochschulbildung ausgegeben. Der Anstieg korrespondiert allerdings nicht mit dem Anstieg der Studierenden von 29 Prozent. Zwischen 2005 und 2010 hatte der Zuwachs an Ausgaben noch  mehr als dem Dreifachen des Anstiegs der Studierendenzahlen entsprochen.

Die Ausgaben für Bildungseinrichtungen im Tertiärbereich lagen 2016 in Deutschland mit umgerechnet rund 15.800 Euro pro Studentin beziehungsweise Student noch immer über dem OECD-Schnitt von umgerechnet 14.100 Euro. Insgesamt fließt in Deutschland nach Schweden jedoch mit 43 Prozent das meiste Geld im OECD-Vergleich in Forschung und Entwicklung. Die Ausgaben für "grundlegende Bildungsgüter und -leistungen", zu denen vor allem die Lehre gehört, lagen damit im Tertiärbereich unter dem OECD-Schnitt (umgerechnet rund 7.900 Euro verglichen mit 9.400 Euro).

Beschäftigungsvorteil mit tertiärem Abschluss sinkt

Die meisten der Deutschen mit einem tertiären Abschluss entscheiden sich in Deutschland für einen möglichst hohen Abschluss. 46 Prozent haben einen Master oder sind promoviert. Im OECD-Schnitt erreichen nur 34 Prozent einen entsprechend hohen Abschluss. Insgesamt liegt der Anteil der tertiären Abschlüsse aber unter dem OECD-Schnitt von 44 Prozent. Die OECD begründet das vor allem mit dem starken Berufsausbildungssystem in Deutschland.

35 Prozent der Erwachsenen mit einem tertiärem Bildungsabschluss haben ein MINT-Fach aus Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik studiert. Im OECD-Schnitt beträgt ihr Anteil 25 Prozent. Die meisten entscheiden sich dabei in Deutschland für Ingenieurwesen, Fertigung oder Bauwesen. Das Interesse an diesen drei Fächern lässt laut OECD in den Mitgliedstaaten nach. Eine ähnliche Entwicklung sei auch für Deutschland zu erwarten, denn 2017 hätten nur 22 Prozent einen Abschluss in der Fächergruppe erworben. Gestiegen sei derweil das Interesse für einen tertiären Abschluss in MINT-Fächern wie Naturwissenschaften, Mathematik und Statistik sowie Informations- und Kommunikationstechnologien.

Kurze tertiäre Bildungsabschlüsse sind untypisch in Deutschland. Weniger als ein Prozent schreiben sich für ein Kurzstudium ein. Im OECD-Schnitt sind es 17 Prozent. Junge Erwachsene mit diesem Bildungsabschluss weisen in Deutschland jedoch die höchsten Beschäftigungschancen auf: 94 Prozent. Unter Master-Absolventen sind es 88 Prozent, unter Promovierten 92 Prozent.

Im Jahresvergleich ist die Beschäftigungsquote mit einem tertiären Abschluss in Deutschland konstant geblieben, mit einem Abschluss im Sekundarbereich II oder einem vergleichbaren Abschluss ist sie zwischen 2008 und 2018 von 78 Prozent auf 84 Prozent gestiegen. Der Beschäftigungsvorteil von Absolventen mit einem tertiären Abschluss hat damit abgenommen.

Der Unterschied in der Beschäftigungsquote von Männern und Frauen ist in Deutschland laut OECD-Auswertung konstant geblieben, während er in anderen Ländern zurückgegangen ist. Dies liegt laut der Daten an der vergleichsweise hohen Beschäftigungsquote von Frauen mit einem Abschluss im Sekundarbereich II.

Deutliche Gehaltsvorteile mit MINT-Abschluss

Der Fachabschluss entscheidet stark über den Verdienst. Die Absolventinnen und Absolventen aus Kunst und Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften, Journalismus und Informationswesen verdienen nur 33 Prozent mehr als Erwachsene mit einem Abschluss im Sekundarbereich II. Dazu zählen die gymnasiale Oberstufe, berufsbildende Schulen und Weiterbildungsschulen für Erwachsene. Demgegenüber liegt der Gehaltsunterschied bei Absolventinnen und Absolventen in Ingenieurwesen, Fertigung und Bauwesen bei 116 Prozent – einer der höchsten Lohnvorteile von allen OECD-Ländern.

Das Verdienstgefälle zwischen Männern und Frauen nimmt dabei auf höheren Bildungsstufen zu. Es ist größer als in anderen Ländern, insbesondere unter den 35- bis 44-Jährigen. Eine Frau mit einem Tertiärabschluss in dieser Altersklasse verdient laut Bericht 72 Prozent des Gehalts ihrer männlichen Kollegen. Mit einem Abschluss im Sekundarbereich II verdient sie 85 Prozent seines Gehalts. Ein vergleichsweise hoher Anteil von Frauen arbeitet in Deutschland mit einem Tertiärabschluss in Teilzeit. Es sind 31 Prozent verglichen mit 24 Prozent im OECD-Schnitt.

kas