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Klimawandel
Wissenschaft endlich ernst nehmen

Die schwedische Schülerin Greta Thunberg wird von vielen bewundert, von vielen scharf kritisiert. Wissenschaft spielt für sie eine zentrale Rolle.

Von Felix Grigat 24.07.2019

Es ist schon erstaunlich, dass die Stimme, die sich derzeit weltweit am profiliertesten für das Ernstnehmen der Wissenschaft einsetzt, einer 16-jährigen Schülerin aus Schweden gehört. Die Klimaaktivistin und Gründerin der "Fridays for Future"-Bewegung wird nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass ihre pointierten Warnungen vor dem menschengemachten Klimawandel und ihr Aufruf zu sofortigem Handeln basiert sind in den aktuellen Ergebnissen der weltweiten Klimaforschung.

Dabei will sie keinesfalls "Everybody‘s darling" sein. So sagte sie in Paris vor der französischen Nationalversammlung an ihre Kritiker gewandt: "Ihr müsst uns nicht zuhören. Aber Ihr müsst der Wissenschaft zuhören. Das ist alles, was wir verlangen." Greta Thunberg betont immer wieder, sie würde sich sofort korrigieren, wenn ihre Aussagen wissenschaftlich nicht haltbar seien.

Die weltweite Wissenschaft darf ihr dankbar sein, dass sie in Parlamenten, auf Klima- und Wirtschaftsgipfeln derzeit wie niemand sonst dafür wirbt, die Wissenschaft ernst zu nehmen. Das ist ein wichtiges Signal in einer Zeit, in der Wissenschaft von dem Präsidenten der führenden Wissenschaftsnation der Welt, den USA, oder auch dem Präsidenten Brasiliens immer wieder lächerlich gemacht wird, in der es nicht mehr auf die Wahrheit einer Aussage, sondern ihre mobilisierende Wirkung auf die eigene Anhängerschaft ankommt.

Älteste Akademie der Welt unterstützt Forderungen

In Deutschland haben sich 27.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der "Scientists for future"-Bewegung mit dem Anliegen der jungen Menschen solidarisiert. Zahlreiche Nobelpreisträger und Wissenschaftsorganisationen weltweit argumentieren ähnlich wie die 16-jährige Schwedin. Die Grundeinsichten werden offensichtlich generationenübergreifend geteilt: Die Erderwärmung muss langfristig "deutlich" unter zwei Grad Celsius begrenzt werden. Dafür müssen die Nettoemissionen von Treibhausgasen "auf Null" gesenkt werden.

Das fordert auch die älteste Akademie der Welt, die deutsche "Leopoldina: Nationale Akademie der Wissenschaften" in einem für ihre Verhältnisse sehr deutlichen, sehr fordernden und sehr politischen Papier die gleichen Ziele vertritt. "Nicht zuletzt die Schülerstreiks machen darauf aufmerksam, dass unser Verhalten heute in einem besorgniserregenden Maße die Zukunft aller Menschen beeinträchtigt und die Vielfalt von Natur und Arten bedroht", heißt es in der Stellungnahme, die auf Eile drängt. Es sei eine "konsequentere, transparentere und zügigere Umsetzungsstrategie" als bisher von der Politik geplant erforderlich. Es geht der Leopoldina um einen "grundlegenden wissenschaftsbasierten Erneuerungsprozess". Man darf gespannt sein, wie gut Politik und Gesellschaft Jugendbewegung und Wissenschaft zuhören.