viele weiße und eine schwarze Sprechblase
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Meinungsklima
Wissenschaftler gründen "Netzwerk Wissenschafts-freiheit"

Ein neues Bündnis warnt vor steigendem Konformitätsdruck in der Wissenschaft. Die Forschenden fordern strittige Thesen zuzulassen.

04.02.2021

Rund 70 Forscherinnen und Forscher aus dem deutschsprachigen Raum und unterschiedlichen Fachbereichen haben sich im neu gegründeten "Netzwerk Wissenschaftsfreiheit" zusammengeschlossen. Sie wollen gemeinsam für eine freie und kontroverse Debatte mit Sachargumenten einstehen und Cancel Culture und Political Correctness die Stirn bieten, erklärte das Netzwerk am Mittwoch.

Die Gründung erfolge aus Sorge vor einer "zunehmenden Verengung von Fragestellungen, Themen und Argumenten in der akademischen Forschung". Abweichende Positionen kämen an den Universitäten immer weniger zu Wort. Durch eine ideologische oder politische Agenda würde die "rationale und ergebnisoffene Suche nach Erkenntnis" behindert. Mit dem Historiker Professor Jörg Baberowski, dem Philosophen Professor Dieter Schönecker und der Ethnologin Professorin Susanne Schröter sahen sich drei Mitglieder des Netzwerks in der Vergangenheit heftigen Anfeindungen ausgesetzt. Medienberichten zufolge hat rund die Hälfte der Mitglieder eigene Erfahrungen mit umstrittenen Standpunkten gemacht.

Der Konformitätsdruck in der Wissenschaft ist den Forschenden zufolge besonders groß bei gesellschaftlich strittigen Themen wie Geschlecht, Religion und Migration. Dadurch entstünde ein Umfeld, "das dazu führt, dass Hochschulangehörige ihre Forschungs- und Lehrfreiheit selbst beschränken, weil sie antizipieren, mit Äußerungen, Themenstellungen oder Veranstaltungen als Person diskreditiert zu werden", heißt es in dem Manifest des Netzwerks.

"Die Einschränkungen gehen von Wissenschaftlern und Studierenden aus", erklärte Dr. Sandra Kostner, Sprecherin des Netzwerks gegenüber der "Zeit". Zum Leitungsteam des Netzwerks gehören neben der Historikerin auch die Politologin Professorin Ulrike Ackermann, die Philosophin Professorin Maria-Sibylla Lotter und der Historiker Professor Andreas Rödder.

"Aktivistische Gruppen wollen  Vorlesungen oder Veranstaltungen mit unliebsamen Rednern unterbinden; Dozenten werden diffamiert; es wird Druck auf Universitätsangehörige ausgeübt, unliebsame Themen zu vermeiden. Das erzeugt Unruhe in Dekanaten und Hochschulleitungen", sagte Rödder im Interview mit der "Zeit". Bei den Forschenden führe das zu Selbstkonformisierung, das Netzwerk wolle dem entgegentreten und Solidarität zeigen.

ckr