Der Präsident der Russischen Akademie der Wissenschaften, Alexander Sergejew (l), und der Minister für Wissenschaft und Hochschulbildung, Michail Kotjukow, bei einer Plenarsitzung des russischen Unterhauses.
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Wissenschaftsfreiheit
Wissenschaftler im Visier der russischen Regierung

Wissenschaftler aus Russland stehen künftig unter strikter staatlicher Kontrolle. Das hat auch Konsequenzen für internationale Kooperationspartner.

24.10.2019

Die russische Regierung will die Kontrolle von russischen Bürgerinnen und Bürgern verschärfen. Künftig müssen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler genauen Bericht über den Austausch mit internationalen Kooperationspartnern in Russland ablegen. Das geht aus einer Mitteilung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) an die deutschen Hochschulleitungen hervor, die Forschung & Lehre vorliegt. Die Anweisung der russischen Regierung gilt demnach auch für russische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die an einer Forschungseinrichtung in einem anderen Land beschäftigt sind.

Russische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen das Wissenschaftsministerium  spätestens fünf Tage im Vorfeld geplanter Treffen mit ausländischen Kolleginnen und Kollegen informieren und detaillierte Angaben machen, heißt es in der beigefügten Übersetzung des russischen Regierungsschreibens. Dazu zählen die Namen aller Teilnehmenden sowie Kopien ihrer Ausweisdokumente ebenso wie Informationen zum Anlass des Gesprächs. Die Treffen sind dabei laut Mitteilung nur "in für diese Zwecke bestimmten und ausgestatteten gesonderten Räumlichkeiten" erlaubt.

Die Regierung gibt außerdem vor, dass bei allen Treffen mindestens zwei russische Forschende anwesend sein müssten. Im Anschluss an ein Gespräch müssten die Leiter der gastgebenden Institution außerdem darüber einen Bericht beim Ministerium vorlegen. Diese "sollen ausführliche Informationen über die behandelte Thematik sowie die wichtigsten Fragen beinhalten", lautet die Vorgabe.

Geräte, mit denen Inhalte aufgezeichnet oder kopiert werden könnten, seien Ausländern nur gestattet, sofern dies gesetzlich explizit erlaubt sei. Smartphones, Smartwatches oder Laptops wären in allen anderen Fällen nach Vorgaben des Ministeriums ein Tabu.

Auch über Aktivitäten jenseits der Arbeitszeiten will die Regierung Bescheid wissen. So müssen sich russische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch für Treffen in ihrer Freizeit eine Genehmigung ihres Arbeitgebers einholen – und auch darüber berichten.

Gefährdung deutsch-russischer Beziehungen

Die HRK beschreibt die Anweisungen der russischen Regierung als "Dilemma" für russische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Organisation rät den Leitungen deutscher Hochschulen, mit Beschäftigten über die Vorgaben und das weitere Vorgehen für deutsch-russische Forschungskooperationen zu sprechen. "Es wäre bedauerlich, wenn die aktuellen Entwicklungen die teilweise über Jahrzehnte etablierte, intensive und erfolgreiche deutsch-russische Hochschulzusammenarbeit beeinträchtigen würden", heißt es in dem Schreiben der HRK an die Leiterinnen und Leiter deutscher Hochschulen.

Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sei die HRK bereits im August über die Pläne Russlands informiert worden. Deutsche Behörden versuchten zu klären, wie verbindlich die Vorgaben kontrolliert würden – bislang ohne Erfolg, schreibt die HRK. Der russische Wissenschaftsminister, Mikhail Kotyukov, formuliert laut Übersetzung des Regierungstextes: "Die Kontrolle über die Umsetzung dieser Anweisung behalte ich mir vor".

Ein russischer Wissenschaftler hatte die Pläne des russischen Wissenschaftsministeriums in Teilen publik gemacht. Ihrem Schreiben an die deutschen Hochschulleitungen hat die HRK eine deutsche Übersetzung beigefügt.

kas