Ein Mann steigt mit Koffer in einen Zug ein
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Brexit
Wissenschaftler verlassen Großbritannien

Statistiken deuten darauf hin, dass die britische Wissenschaft bereits unter der Brexit-Unsicherheit gelitten hat. Das betrifft auch EU-Fördergeld.

17.10.2019

Die Förderung britischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch die EU ist deutlich gesunken. Während Großbritannien 2015 noch von rund 16 Prozent der EU-Fördersumme profitiert habe, seien es 2018 nur rund 11 Prozent gewesen; ein Rückgang um rund 400 Millionen. Das berichtete die britische Gelehrtenvereinigung "Royal Society". An der Erfolgsquote der Anträge britischer Forscher habe der Rückgang nicht gelegen: Diese sei konstant geblieben.

Schon die Zahl der Bewerbungen für eine EU-Förderung sei im Vergleich zum Niveau vor dem Referendum über den EU-Verbleib um 40 Prozent zurückgegangen. Auch scheint das Interesse an einem Aufenthalt in Großbritannien nachzulassen. Dafür betrachtete die "Royal Society" das renommierte Marie-Curie-Förderprogramm. Die Zahl der Geförderten, die nach Großbritannien wollen, sei im Jahresvergleich 2015 und 2018 um ein Drittel zurückgegangen.

Die "Royal Society" interpretiert die Zahlen als Resultat der andauernden Unsicherheit über den Ausgang des anstehenden Brexits. Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber würden ihrer Karriere nicht riskieren, solange sie nicht sicher wüssten, dass Großbritannien bereit und in der Lage sei, seine weltweite Führungsrolle in der Wissenschaft zu halten.

"Die potenzielle Lähmung eines No-Deal-Brexits und der derzeitige Zustand des Chaos schaden der britischen Wissenschaft", sagte Venki Ramakrishnan, Präsident der "Royal Society". Das schade dem nationalen Interesse. Die Studie seiner Vereinigung erschien kurz vor der Verkündung einer neuen Einigung im Brexit-Streit. Am Samstag soll der Vertrag nach Vorstellung der Verhandlungspartner nach einer Sondersitzung im britischen Unterhaus bereits ratifiziert werden. Doch es gibt Kritik.

Insbesondere Briten und EU-Ausländer wenden sich ab

Auch "Times Higher Education" präsentierte aktuelle Auswertungen zu den Folgen des Brexits. Auf Grundlage von Zahlen der "Higher Education Statistics Agency" seien sie zu dem Schluss gekommen, dass die Zahl von britischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich von ihrem Land abwendeten, um 43 Prozent gestiegen sei. Verglichen habe das britische Magazin die Zahlen aus Dezember 2017 und 2015.

Auch unter Forschenden aus EU-Staaten scheinen immer mehr in andere Länder zu wechseln. Bei ihnen sei der Anteil um fast die Hälfte gestiegen – von 340 auf 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Geringer sei die Abwanderung laut der Auswertung unter Nicht-EU-Ausländern. Bei ihnen hätten sich nur 15 Prozent mehr entschieden, Großbritannien zu verlassen.

Die Zahlen decken sich mit den Befürchtungen von Universitäten im Land. In einer Umfrage hatten sie vor dem Brexit und seinen Folgen für Forschungskooperationen und die Mobilität in der Wissenschaft gewarnt.

kas