Zwei Personen hängen eine Uhr an die Wand
mauritius images/Image Source/Zero Creatives

Niederlande
Wissenschaftler wehren sich gegen Überstunden

In den Niederlanden regt sich Widerstand gegen Überstunden in der Wissenschaft. Es mangelt vor allem an Personal und Zeit für die Lehre.

29.01.2020

In den Niederlanden haben sich hunderte Akademikerinnen und Akademiker über unbezahlte "strukturelle Überstunden" in der Wissenschaft beschwert. In einer Kampagne wehren sie sich gegen die Mehrarbeit und "inakzeptablen Druck am Arbeitsplatz", wie "Times Higher Education" (THE) berichtete.

An niederländischen Hochschulen arbeiteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchschnittlich zwölf bis 15 Stunden mehr in der Woche, 36 Prozent mehr als vertraglich vereinbart. Das gehe aus einer Umfrage der Kampagne "WOinActie" hervor, auf die über 700 Hochschulmitarbeiter geantwortet hatten. Die Umfrage sei zwar nicht repräsentativ, da nur Akademiker mit anhaltenden Überstunden befragt wurden, decke sich jedoch mit anderen Erhebungen, wonach niederländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Schnitt ein Viertel mehr arbeiteten. Ein Drittel der befragten Professorinnen und Professoren beklagte laut "THE", dass ihre Familien und Beziehungen durch ihre Arbeitslast beschädigt worden seien.

Für die Überstunden seien vor allem die "unrealistisch" eingeplante Arbeitszeit für die Lehre angesichts steigender Studierendenzahlen verantwortlich. Die Zeit für die Vorbereitung von Lehrveranstaltungen gehe von ihrer Forschungs- und Freizeit ab. Daher forderten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jährlich 1,15 Milliarden Euro, um mehr Dozierende einzustellen.

Wissenschaftsministerium sieht sich nicht in Zugzwang

Das niederländische Arbeitsministerium, dem der Bericht der Kampagne vorliege, habe angekündigt, das Thema ernst zu nehmen und bei anstehenden Universitätsbesuchen zu adressieren. Das Ministerium kann laut "THE" von den Hochschulen einen Handlungsplan verlangen, frühere Pläne hätten an der Situation aber auch nichts geändert, sagte eine der Initiatoren der Kampagne, die Utrechter Professorin Ingrid Robeyns. Wenn sich weiterhin nichts tue, schloss sie einen Streik nicht aus.

Die niederländischen Hochschulen, die die Kampagne unterstützen, und das Wissenschaftsministerium bestätigten, dass Akademikerinnen und Akademiker unter "erheblichem Druck" stünden. Die Universitäten wollen einer Mitteilung zufolge Wissenschaftler künftig entlasten, indem sie verschiedene bürokratische Prozesse abbauen oder umstrukturieren. Nach Ansicht des Ministeriums sei die Arbeitslast laut "THE" jedoch vor allem eine Sache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Höhere Fördermittel und Investitionen für die Hochschulen versprach das Ministerium nicht.

Auch in Deutschland arbeiten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler deutlich länger als vertraglich festgelegt. Im Schnitt machen sie knapp zwölf, in der Regel unbezahlte, Überstunden pro Woche, vor allem wenn sie eine Professur anstreben. In der deutschen Gesamtbevölkerung sind es durchschnitllich knapp vier Überstunden pro Woche.

ckr