

Academic Freedom Index
Freiheit der Wissenschaft leidet unter Anti-Pluralismus
In 34 Ländern und Regionen hat die Wissenschaftsfreiheit im vergangenen Jahr abgenommen. Dabei sei der Rückgang das Ergebnis von verschiedenen Faktoren, so die neueste Auflage des "Academic Freedom Index" (AFI), der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Ein möglicher Treiber geringerer Wissenschaftsfreiheit sei der Wahlerfolg antipluralistischer Parteien. Der diesjährige Report untersucht diesen Zusammenhang und beziffert die Freiheit von Forschung und Lehre in 179 Ländern. Er wurde von Forschenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen des V-Dem Instiuts der Universität Göteborg erstellt.
Besonders deutlich sei die Wissenschaftsfreiheit in Argentinien, Finnland, Griechenland, Israel, Portugal und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) zurückgegangen. Der AFI misst die Wissenschaftsfreiheit auf einer Skala von 0 bis 1: Ein hoher Wert bedeutet, dass Forschende frei arbeiten, publizieren und lehren können, während ein niedriger Wert auf staatliche Eingriffe, Repressionen oder akademische Zensur hinweist. Für die USA stellt der aktuelle Report beispielsweise einen Rückgang von 0,231 Punkten zwischen 2014 und 2024 auf 0,68 fest. Auch in Deutschland und Österreich seien Forschung und Lehre messbar unfreier, aber ihr Indexwert habe sich im Beobachtungszeitraum jeweils um nicht mehr als 0,1 Punkte verändert und lag 2024 bei 0,88 und 0,9.
Selbst wenn Demokratien die Wissenschaftsfreiheit besser schützten als Autokratien, zeigten diese Beispiele, dass sie auch in demokratischen Ländern unter Druck gerate, so die Studienautorinnen und Studienautoren. Über eine Zeitspanne von 50 Jahren verdeutlicht der Report, dass sich Länder, in denen antipluralistische Parteien nur einen geringen Einfluss haben, durch hohe Wissenschaftsfreiheit auszeichnen. Demgegenüber sei die Wissenschaftsfreiheit gesunken, wo solche Parteien an der Regierung beteiligt gewesen seien.
Fallstudien zeigen weniger Freiheit durch Antipluralismus
Der AFI-Bericht blickt auf drei Fallbeispiele: Argentinien, Polen und die Vereinigten Staaten von Amerika. In allen drei Ländern haben demnach Pluralismus feindliche Politikerinnen und Politiker versucht, die Wissenschaft zu kontrollieren, sobald sie an der Macht waren. Dabei hätten sie die gleichen Mittel verwandt: sie hätten die institutionelle Unabhängigkeit der Wissenschaftsinstitutionen reduziert, die Freiheit der Lehre eingeschränkt und Forschung, die der politischen Meinung widerspricht, weniger Förderung zukommen lassen oder sie anderweitig angegriffen.
Das Beispiel von Polen zeige, inwiefern der Wert des Academic Freedom Index sehr genau auf den Status der antipluralitischen Parteien reagiere: 2014 hätte das Land einen Index von 0,98 erreicht. Nach den Parlamentswahlen von 2015 sei der Wert gesunken und habe ein absolutes Minimum von 0,73 im Jahr 2022 erreicht. Nach den Wahlen 2023 habe sich der Index erholt und liege nunmehr wieder bei 0,87.
In acht Ländern habe die statistische Wissenschaftsfreiheit 2024 im Vergleich zu den vorausgehenden zehn Jahren zugenommen: Diese sind Bahrain, Fiji, Montenegro, die Seychellen, Syrien, Thailand, Gambia und Usbekistan. Das Level der Wissenschaftsfreiheit habe sich in weiteren 137 Ländern nicht merklich oder statistisch bedeutend verändert. Zu diesen gehörten etwa Dänemark, Südkorea und Tunesien.
Der AFI nutzt Einschätzungen von über 2.300 internationalen Länderfachleuten. Die Daten decken die Zeitspanne von 1900 bis 2024 ab. Der für jedes Land berechnete Indexwert basiert auf fünf Indikatoren: die Freiheit von Lehre und Forschung, der Freiheit des wissenschaftlichen Austauschs, der institutionellen Unabhängigkeit der Hochschulen, der Integrität der Campus und der Freiheit des wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs. Teil des AFI ist eine interaktive Karte, die die Indexwerte aller Länder und ihre Veränderung wiedergibt.
cpy