Zwei Frauen stehen zusammen in einem festlichen Saal.
picture alliance/dpa | Marcus Brandt
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Koalitionsverhandlungen
Worauf sich die Arbeitsgruppe Forschung geeinigt hat

CDU/CSU und SPD verhandeln über ihre gemeinsamen Ziele. In Bildung, Forschung und Innovation wollen sie laut Arbeitsgruppe verstärkt investieren.

28.03.2025

Deutschland soll "fit" gemacht werden und "Bildung, Forschung und Innovationen einen größeren Stellenwert in unserem Land" erhalten. Dafür will die zukünftige Regierung "massiv investieren" – so steht es im Ergebnispapier der zuständigen Arbeitsgruppe (AG) Bildung, Forschung und Innovation, welches seit dem 27. März öffentlich einsehbar ist. Verhandlungsführerinnen der Arbeitsgruppe sind die Bildungsministerinnen von Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz, Karin Prien (CDU) und Stefanie Hubig (SPD). 

Neben den geplanten Investitionen liegen Schwerpunkte des Ergebnispapiers auf verlässlichen Karrierewegen für Forschende, Bürokratieabbau sowie der Stärkung internationaler Spitzenforschung und wissenschaftsgeleiteter Förderkriterien. Konkrete Angaben zur Finanzierung der Vorhaben und zusätzlich benötigter Mittel fehlen im Dokument. Andere Arbeitsgruppen waren hier konkreter, wobei alle damit konfrontiert sein werden, dass die potentielle Finanzierbarkeit für die Aufnahme in den Koalitionsvertrag und die tatsächliche Umsetzung mit ausschlaggebend sein wird. 

Forschungsfinanzierung und Infrastruktur 

Die Forschungsförderung soll nach Vorstellung der Arbeitsgruppe von CDU, CSU und SPD durch eine Erhöhung der Programmpauschalen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auf 30 Prozent verbessert werden. Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die Drittmittelprojekte über die DFG erhalten, würden damit zusätzlich zu den bewilligten Projektmitteln eine höhere pauschale Förderung für indirekte Kosten bekommen. Vorgesehen ist, dass die DFG die Hälfte dieser Erhöhung selbst trägt und der Rest von Bund und Ländern übernommen werden. Die steuerliche Forschungsförderung wolle man ausweiten. 

Als Beispiele für strategisch zu stärkende Forschungsfelder werden die Gesundheitsforschung "auch mit Fokus auf personalisierter Medizin", die Meeres- und Klimaforschung, die Geistes- und Sozialwissenschaften mit Fokus auf politischer Bildung, die Sicherheits- und Verteidigungsforschung sowie die Luft- und Raumfahrt genannt. 

Ein weiteres formuliertes Ziel der verhandelnden Koalitionsparteien ist eine "Schnellbauinitiative" für Hochschulen und Universitätskliniken. Dabei sollen Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen mit einem Investitionsvolumen von bis zu 100 Milliarden Euro umgesetzt werden. "Modernisierung, energetische Sanierung und digitale Ertüchtigung sollen als befristetes Investitionsprogramm umgesetzt werden", heißt es dazu. 

Forschung und Karrieren an Hochschulen 

Die Exzellenzstrategie soll weiterentwickelt werden, um den Wissenschaftsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken. Ihre Evaluierung in den Förderlinien Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten für eine mögliche Förderperiode ab 2030 ist geplant. Zudem ist eine Verbesserung der Drittmittelfinanzierung für Hochschulen angedacht. 

Bis zum Jahr 2026 soll das Wissenschaftszeitvertragsgesetz reformiert werden, um verlässlichere Karrierewege in der Wissenschaft zu schaffen. "Mindestvertragslaufzeiten vor und nach der Promotion sollen eingeführt und Schutzklauseln auf Drittmittelbefristungen ausgeweitet werden", heißt es dazu im Ergebnispapier. Der Anteil von Frauen an wissenschaftlichen Führungspositionen soll unter anderem über ein verstärktes Professorinnenprogramm weiter erhöht werden. 

Die Hochschulen sollen laut Arbeitsgruppe eine verlässliche Finanzierung erhalten. Eine Reform des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) mit einer bedarfsgerechten Anpassung ist vorgesehen.

Bürokratieabbau, Innovation und Technologietransfer 

Zur Unterstützung der Forschung soll laut Verhandlungsergebnis der Arbeitsgruppe ein "Innovationsfreiheitsgesetz" eingeführt werden, das bürokratische Hürden abbaut. Darüber hinaus sind Maßnahmen wie Erleichterungen im Umsatzsteuergesetz, eine flexiblere Mittelbewirtschaftung und vereinfachte Gründungsverfahren geplant. 

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sehen außerdem die Einführung einer "High-Tech-Agenda für Deutschland" vor, um Zukunftstechnologien gezielt zu fördern, wie es bereits im Sondierungspapier vorgesehen war. Besondere Schwerpunkte sollen dabei auf den Bereichen Künstliche Intelligenz, Quantentechnologien, Mikroelektronik, Biotechnologie, Fusionsforschung und klimaneutrale Mobilität liegen. 

Unter der neu formulierten Dachmarke "Initiative Forschung und Anwendung" soll der Technologietransfer gestärkt werden. Bestehende Programme wie das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) und das Innovationskompetenzprogramm (INNO-KOM) sollen nach Vorstellung der verhandelnden Parteien fortgeführt und um einen neuen "Transferbooster" ergänzt werden. "Die bisherigen Datipilot-Förderlinien werden im Transferbooster weitergeführt," führt das Dokument aus. 

Internationale Kooperation und Wissenschaftsfreiheit 

Die Verhandlungsbeteiligten sehen ein neues "Tausend-Köpfe-Programm" vor, mit dem gezielt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Ausland gewonnen werden sollen. Die Visa-Vergabe für Fachkräfte aus der Wissenschaft und Studierende soll vereinfacht werden. Die verhandelnden Parteien beabsichtigen, gemeinsam mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen Leitlinien für den Umgang in sensiblen internationalen Kontexten zur formulieren. 

Gleichzeitig wird betont, dass Förderentscheidungen ausschließlich nach wissenschaftlichen Kriterien getroffen werden. Um das Wissenschaftssystem widerstandsfähiger gegenüber politischen und wirtschaftlichen Einflüssen zu machen, sollen internationale Leitlinien für den Umgang mit sensiblen Forschungsthemen entwickelt werden.  

Das Thema Wissenschaftskommunikation sieht die Arbeitsgruppe zukünftig in einer gestärkten Rolle. Geplant ist die Gründung einer unabhängigen Stiftung. 

Ausblick auf die weiteren Verhandlungen 

Der Koalitionsvertrag wird in 16 Arbeitsgruppen erarbeitet. Ab Freitag finden die vertraulichen Gespräche in der 19-köpfigen Hauptverhandlungsgruppe in Berlin statt, teilten die drei Generalsekretäre von CDU, CSU und SPD am 26. März diversen Medienberichten zufolge mit. 

Nach wie vor wird seitens der CDU kommuniziert, dass die Verhandlungen und die Schlussredaktion Anfang April weitestgehend abgeschlossen sein sollen. Die erzielten Aussagen werden jeweils parteiintern abgestimmt und bilden schließlich die Grundlage für den Koalitionsvertrag.

cva