Menschen stehen vor einem beigen Hintergrund, statt Gesichtern haben sie Aktenordner.
mauritius images / Westend61 / Leander Baerenz

Forschungskooperationen mit Globalem Süden
Zu viel Regulierung, zu wenig Vertrauen

Forschende haben sich in einem Offenen Brief an BMBF, DFG und DAAD gewandt. Sie kritisieren die Praktiken der deutschen Forschungsförderung.

04.05.2022

70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Praktiken und Strukturen der deutschen Forschungsförderung kritisiert. Der bürokratische Aufwand sei unverhältnismäßig groß, rechtliche Vorgaben behinderten Kooperationen und es gebe kaum Raum für innovative Ideen. Dies erschwere die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern in Afrika, Asien, Lateinamerika und im Nahen und Mittleren Osten. Die Forschenden, die zu Regionen im Globalen Süden forschen, richteten ihren Appell am 27. April in einem Offenen Brief an das Bundesforschungsministerium (BMBF), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).

Als Hauptproblem bezeichnen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner eine Überregulierung der deutschen Forschungsförderung im Ausland. Die Projektlogik aus Projektbeginn, Durchführung und Abwicklung stehe der unabhängigen Forschung entgegen und behindere den Aufbau langfristiger Kooperationen zwischen Institutionen in Süd und Nord. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beklagen eine Ungleichbehandlung von Forschenden im Globalen Süden im Vergleich zu europäischen oder nordamerikanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Brief zeigt Konsequenzen auf

In der Folge könne der Status Deutschlands im Handlungsfeld der internationalen Beziehungen leiden. Die Probleme entgingen auch den wissenschaftlichen Partnerinnen und Partnern in den Zielregionen nicht, wodurch sie deutsche Kooperationspartner als weniger attraktiv wahrnähmen. Kooperationen benötigten Vertrauen, das durch die Überregulierung der deutschen Forschungsförderung behindert werde, berichtet einer der Unterzeichner, Professor Rachid Ouaissa vom Centrum für Nah- und Mittelost-Studien an der Philipps-Universität Marburg. "Daraus entsteht deutschen Projektinitiatoren und -initiatorinnen ein Nachteil gegenüber der Konkurrenz aus Frankreich, Italien oder den Vereinigten Staaten von Amerika", so Ouaissa.

Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner fordern eine gemeinsame Vertrauensbasis zwischen den Förder- und Forschungsinstitutionen als Voraussetzung für eine echte Zusammenarbeit, flexiblere Forschungsformate und weniger bürokratische Zwänge. Zur Lösung der Problematik signalisieren die Autorinnen und Autoren des Offenen Briefs den Wissenschaftsorganisationen Gesprächsbereitschaft.

cpy