Das Foto zeigt Gläser mit Setzlingen in einem Labor für Pflanzenzüchtung.
picture alliance

Gentechnik
Akademien und DFG fordern neues Gentechnikrecht

Wissenschaftler sehen in der Gentechnik große Chancen für die Welternährung. Die aktuelle Rechtsprechung behindere aber die Forschung in Europa.

05.12.2019

Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, die Union der Akademien der Wissenschaften – ein Zusammenschluss der acht größeren deutschen Akademien der Wissenschaften – und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) haben in gemeinsamen Empfehlungen eine Novellierung des Europäischen Gentechnikrechtes gefordert. Die pauschale rechtliche Einstufung als "gentechnisch veränderte Organismen" (GVO) sei nicht hinnehmbar. Dieser vorrangig verfahrensbezogene Regelungsansatz sei rational nicht zu begründen. Er berücksichtige nicht, welche Art der genetischen Veränderung im genomeditierten Organismus vorliege.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben Empfehlungen, wie das europäische Gentechnikrecht kurzfristig novelliert und langfristig komplett neugestaltet werden kann. So sollte als kurzfristige Maßnahme die Definition für "genetisch veränderte Organismen"  so überarbeitet werden, dass genomeditierte Pflanzen nicht als GVO gelten, wenn keine artfremde genetische Information enthalten sei. Dies wäre nach Ansicht der Organisationen dann analog zu mit konventionellen Züchtungsmethoden veränderten Pflanzen. Ebenso sollte es sich nicht um einen gentechnisch veränderten Organismus handeln, wenn eine Kombination von genetischen Informationen vorliege, die sich auch auf natürliche Weise oder mit konventionellen Züchtungsmethoden ergeben könnte.

Langfristig sei aber nur ein völlig neuer Rechtsrahmen konsequent, heißt es in der Stellungnahme. Dieser sollte bei der Beurteilung von Risiken für Mensch und Umwelt nicht auf die Verfahren abstellen, mit denen neue Sorten erzeugt werden, sondern auf deren neuartige Merkmale.

Die Wissenschaftsakademien und die DFG plädieren in ihren Empfehlungen zudem für eine Erleichterung von Freilandforschung. Diese sei für die Forschung sehr wichtig, etwa um genetische Grundlagen von wichtigen Eigenschaften wie Salz-, Dürre- und Hitzetoleranz besser zu verstehen. In der Stellungnahme wird darauf hingewiesen, dass weitere Initiativen unternommen werden müssten, um Verbraucherinnen und Verbraucher über unterschiedliche Züchtungsverfahren und deren Produkte zu informieren. Auf dieser Grundlage und unterstützt durch ein einheitliches System der Kennzeichnung von Produkten sollen die Menschen informierte Kaufentscheidungen treffen können.

Beitrag zu einer nachhaltigen Landwirtschaft

Die Wissenschaftsakademien und die DFG weisen darauf hin, dass genomeditierte Pflanzensorten einen Beitrag leisten können, Ressourcenprobleme zu lösen und nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben. Der Europäische Gerichtshof hatte im Juli 2018 entschieden, dass alle Organismen, die durch Verfahren der Genom-Editierung wie CRISPR-Cas verändert wurden, unter die rechtlichen Regelungen für GVO fallen. Dies erschwert den Wissenschaftlern zufolge die Erforschung, die Entwicklung und den Anbau verbesserter Nutzpflanzen, die für eine produktive, klima-angepasste und nachhaltigere Landwirtschaft dringend erforderlich sind.

Von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes betroffen sind laut Mitteilung weltweit bereits mehr als 100 bekannte und (potenziell) marktfähige genomeditierte Nutzpflanzensorten, die Vorteile für Ernährung und Landwirtschaft aufweisen. Dazu gehören Sojabohnen mit gesünderen Fettsäuren, glutenreduzierter Weizen, bakterienresistenter Reis, pilzresistente Sorten von Wein, Weizen und Kakao sowie trockentolerantere Sorten von Mais, Weizen und Sojabohnen. In vielen Staaten außerhalb der Europäischen Union würden genomeditierte Pflanzen, die keine artfremde genetische Information enthalten, von GVO-bezogenen Regelungen ausgenommen.

gri