Das Foto zeigt Menschen, die gegen den Brexit in London demonstrieren.
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Beamtenrecht
Der Brexit und die Verbeamtung von Briten

Viele Fragen in den Brexit-Verhandlungen sind bislang unbeantwortet. Wie steht es um in Deutschland arbeitende britische Wissenschaftler?

Von Wiltrud Christine Radau 02.11.2018

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat "jeder Deutsche" nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Das Beamtenstatusgesetz, das den Rechtsrahmen für die Ausgestaltung der Beamtenverhältnisse für Landesbeamte festlegt, bestimmt deshalb, dass in das Beamtenverhältnis im Regelfall nur berufen werden darf, wer Deutscher ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 BeamtStG).  Eine vergleichbare Regelung findet sich für Bundesbeamte in § 7 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 Bundesbeamtengesetz.

Kann ein ausländischer Wissen­schaftler deutscher Beam­ter sein?

Allerdings lassen sowohl das Bundesbeamten- als auch das Beamtenstatusgesetz Ausnahmen für ausländische Staatsbürger zu. So bestimmen § 7 Abs. 1 Nr. 1 a bis c Bundesbeamten- bzw. Beamtenstatusgesetz, dass diejenigen Ausländer verbeamtet werden können, welche die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes (z.B. Liechtenstein, Norwegen) oder eines Drittstaates haben, dem die Bundesrepublik Deutschland oder die EU vertraglich den Anspruch auf Anerkennung von Berufsqualifikationen eingeräumt hat (z.B. Schweiz). Solange Großbritannien noch Mitglied der Europäischen Union ist, kann nach Maßgabe der Ausnahmeklausel des § 7 Abs. 1 Nr. 1 a Bundesbeamten- bzw. Beamtenstatusgesetz ein Beamtenverhältnis also ohne weiteres begründet werden.

Aber auch nach einem Brexit ist die Ernennung in ein Beamtenverhältnis weiterhin möglich. § 7 Abs. 3 Bundesbeamten- bzw. Beamtenstatusgesetz sieht entsprechende Ausnahmen für sogenannte Drittstaatsangehörige vor, die nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 1 a bis c Bundesbeamten- bzw. Beamtenstatusgesetz fallen. Drittstaatsangehörige können demnach als Professorinnen und Professoren im Beamtenverhältnis beschäftigt werden, wenn ein dringendes dienstliches Bedürfnis oder ein wichtiger Grund vorliegt.

Dies wird im Bereich des Hochschuldienstes oftmals insbesondere dann angenommen, wenn eine Person ohne das Mittel der Verbeamtung nicht für die Professur gewonnen werden kann, etwa weil die bisherige sehr gute Einkommenssituation nur mit den Vorteilen eines Beamtenverhältnisses (keine sozialversicherungsrechtlichen Abzüge bei der Besoldung, hohe Pensionserwartung im Ruhestand) kompensiert werden kann. Ferner wird in der Praxis häufig vorgebracht, dass an der Einstellung des Drittstaatsangehörigen wegen seiner wissenschaftlichen Befähigung ein besonderes Interesse der Hochschule besteht. In der gegenwärtigen Berufungspraxis ist zu beobachten, dass im Hochschuldienst von der Möglichkeit, Angehörige von Drittstaaten zu verbeamten, oft Gebrauch gemacht wird.

Was geschieht mit bereits ver­beamteten Briten nach dem Brexit?

Bis zum Brexit bereits durchgeführte Verbeamtungen britischer Staatsbürger sind nach einem Brexit nicht nichtig. § 11 Abs. 1 Nr. 3 a Beamtenstatusgesetz bzw. § 13 Abs. 1 Nr. 3 a Bundesbeamtengesetz bestimmen, dass eine Verbeamtung nur dann nichtig ist, wenn schon im Zeitpunkt der Ernennung aufgrund der Ausländereigenschaft kein Beamtenverhältnis hätte begründet werden dürfen. Dies ist aber aufgrund der Ausnahmeklausel des § 7 Abs. 1 Nr. 1 a Bundesbeamten- bzw. Beamtenstatusgesetz bei verbeamteten Briten nicht der Fall.

Für Landesbeamte gilt jedoch nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Nr. 1 Beamtenstatusgesetz, dass sie kraft Gesetzes aus dem Beamtenverhältnis entlassen sind, wenn eine der in § 7 Abs. 1 Nr. 1 a bis c Beamtenstatusgesetz genannte Staatsangehörigkeit – insbesondere die Staatsangehörigkeit zu einem Mitgliedstaat der EU gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 a – nicht mehr besteht. Der Austritt Großbritanniens aus der EU beendet zwar nicht die britische Staatsangehörigkeit, jedoch besitzt der britische Landesbeamte dann nicht mehr die Staatsangehörigkeit zu einem Mitgliedstaat der EU. Er wird vielmehr zu einem Drittstaatsangehörigen. In der Konsequenz des § 22 Abs. 1 Nr. 1 Beamtenstatusgesetz wäre er nach dem Brexit von Gesetzes wegen aus dem deutschen Beamtenverhältnis entlassen. Allerdings kann grundsätzlich eine Wiederernennung als Drittstaatsangehöriger auf der Grundlage des § 7 Abs. 3 Beamtenstatusgesetz erfolgen. Denn durch die Entlassung kraft Gesetzes wird eine Entscheidung nach § 7 Abs. 3 Beamtenstatusgesetz nicht ausgeschlossen.

Der für Landesbeamte geltende Entlassungstatbestand beim Staatsangehörigkeitsverlust besteht für Bundesbeamte hingegen nicht. Hier gilt § 31 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz. Danach kann der Dienstherr gegenüber seinen Beamten, die aufgrund eines Staatsangehörigkeitsverlustes nachträglich zu Drittstaatsangehörigen werden, eine Ausnahme vom Staatsangehörigkeitsprinzip gemäß § 7 Abs. 3 Bundesbeamtengesetz erteilen. Eine Entlassung findet dann nicht statt und der Bundesbeamte behält seinen Status. Eine solche Möglichkeit sieht das Beamtenstatusgesetz für die Landesbeamten in seiner geltenden Fassung nicht vor.

Pläne der Bundesregierung

Mit Blick auf diese unterschiedlichen Rechtslagen bei Bundes- und Landesbeamten liegt derzeit im Deutschen Bundestag ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (Drs. 19/4117 vom 3. September 2018) zur Änderung des § 22 Beamtenstatusgesetz vor, um Landesbeamte, die nach ihrer Ernennung zu Drittstaatsangehörigen werden, unter den gleichen Bedingungen im Beamtenstatus zu halten, die für Bundesbeamte gelten. Es sollen damit einheitliche Maßstäbe bei der Ernennung und Entlassung hergestellt werden.

Es bleibt abzuwarten, welche Abkommen Großbritannien im Austrittsfalle mit der Bundesrepublik Deutschland und der EU schließen wird. Sollten keine Abkommen geschlossen werden, bedeutet dies aber grundsätzlich nicht, dass britische Staatsbürger zukünftig nicht mehr in einem Beamtenverhältnis tätig sein könnten.