Plakette auf dem Gerichtsgebäude in Sydney
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Murdoch Universität
Deutscher Professor in Australien angeklagt

Professor Gerd Schröder-Turk wurde von seiner Universität in Perth verklagt. Er hatte das Zulassungsverfahren australischer Universitäten kritisiert.

27.11.2019

Die Murdoch Universität im australischen Perth hat eine Millionenklage gegen einen deutschen Mitarbeiter und außerordentlichen Professor der Hochschule eingereicht. Professor Gerd Schröder-Turk hatte sich zuvor öffentlich kritisch zu den Auswahlverfahren ausländischer Studierender an australischen Hochschulen geäußert – auch an der Murdoch Universität.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, ist der Physiker aus Deutschland damit ins Zentrum einer Affäre an australischen Universitäten geraten. Bei der Auswahl internationaler Studierender in Australien geht es demnach um ein Milliardengeschäft. Die Zahl der ausländischen Studierenden habe sich dort innerhalb von zehn Jahren verdoppelt, die meisten kämen aus China und Indien. Insgesamt verdiene Australien jährlich mehr als 20 Milliarden Euro an den internationalen Studierenden.

Damit möglichst viele Studierende nach Australien kommen, seien bei vielen Bewerbern die Standards für die Zulassung gesenkt worden. Vielfach wurde demnach auf Sprachtests verzichtet. In der Folge sei nicht nur die Anzahl, sondern auch die Durchfallquote der ausländischen Studierenden dramatisch gestiegen. Die Missstände deckte der "Süddeutschen Zeitung" zufolge im Mai die Sendung "Cash Cows" im öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ABC auf.

In der Sendung seien insgesamt drei Hochschullehrer der Murdoch University zu Wort gekommen, darunter Schröder-Turk. "Studenten aufzunehmen, die nicht die richtigen Voraussetzungen und nicht die korrekten Sprachfähigkeiten haben, setzt sie dem Scheitern aus. Das ist nicht das, was eine Universität tun sollte", sagte der Physiker demnach. Schröder-Turk sagte in der Sendung, es gebe kaum Zweifel, dass der Zuwachs bei den internationalen Studierenden "ein gewünschtes Ergebnis war, um das Budget aufzubessern".

Akademiker zeigen sich solidarisch mit Gerd

Zwei Tage nach seiner öffentlichen Kritik habe der Kanzler und Senatsvorsitzende der Universität angekündigt, Schröder-Turk als gewähltes Mitglied aus dem Hochschulsenat zu entfernen. Bevor dies umgesetzt werden konnte, habe der Physiker dagegen geklagt – mit Verweis auf ein Gesetz zum Schutz von Whistleblowern. Die Universität habe darauf eine Gegenklage eingereicht und von dem Professor Schadensersatz verlangt, wie auch die "Times Higher Education" berichtete. Die Hochschule habe durch die Sendung Einnahmen in Millionenhöhe verpasst, weil durch die Rufschädigung rund 15 Prozent weniger Studierende aus dem Ausland gekommen seien als geplant, heißt es in der Anklage.

Ein in Perth richterlich angeordnetes Mediationsverfahren zur Schlichtung der beiden Klagen ist laut "Süddeutscher Zeitung" Ende Oktober gescheitert. Schröder-Turk dürfe sich wegen einer richterlichen Schweigepflicht derzeit nicht äußern. Sein Kollege, Dr. Duncan Farrow, werte die Klage als Einschüchterungsversuch. Er selbst habe nach seiner Kritik in der Sendung "Cash Cows" von der Hochschule ein Beratungsangebot zur Bewältigung seines "beunruhigenden" Medienauftritts erhalten sagte er gegenüber Forschung & Lehre. Zudem sei er von einigen regelmäßigen Meetings an der Uni ausgeschlossen worden. Darüber hinaus habe seine Kritik bisher keine Konsequenzen für ihn gehabt.

Akademiker in Australien zeigten sich angesichts das Handeln der Murdoch-Uni laut "Süddeutscher Zeitung" entrüstet. Sowohl australische Spitzenforscher als auch Akademiker der Universität Erlangen, an der Schröder-Turk habilitiert hat, haben die Universität in offenen Briefen aufgefordert, die Klage gegen Schröder-Turk fallen zu lassen. Die australische Petition haben bislang über 30.000 Personen unterzeichnet. Die australische Gewerkschaft der Hochschulbeschäftigten hat zudem die Kampagne "Ich stehe hinter Gerd" gestartet.

ckr