Bundesfamilienministerin Franziska Giffey
picture alliance / REUTERS | POOL New

Plagiatsexperte
FU hätte Giffey den Doktortitel laut Gutachten entziehen müssen

Der Jura-Professor Klaus Gärditz erklärt die Rüge gegen Familienministerin Giffey für unrechtmäßig. Das Verfahren der FU hält er für unprofessionell.

29.10.2020

Die FU Berlin hätte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey den Doktorgrad entziehen müssen. Eine Rüge sei im Berliner Hochschulgesetz nicht vorgesehen und sie basiere zudem auf der Entscheidung eines fehlerhaft berufenen Prüfgremiums. Zu diesem Ergebnis kommt der Bonner Jura-Professor Klaus Gärditz laut Bericht des "Tagesspiegels" in einem am Mittwoch vorgestellten Gutachten, das die CDU-Fraktion in Auftrag gegeben hatte – kurz vor der möglichen Nominierung Giffeys zur Spitzenkandidatin der SPD in Berlin.

Die FU hielt sich laut Plagiatsexperte Gärditz in mehreren Punkten nicht an die rechtlichen Standards bei Plagiatsprüfungen. Das Urteil hätte etwa nicht von einem extern berufenen Prüfgremium, sondern von dem Promotionsausschuss federführend erstellt werden müssen, der Giffey den Doktorgrad verliehen hatte – dem Otto-Suhr Institut.

Das Gremium habe sein Gutachten laut Bericht außerdem auf Grundlagen einer Aufteilung der Arbeit Giffeys in einen "guten" und "schlechten" Part erstellt. Das widerspreche den rechtlichen Vorgaben. Das Bundesverwaltungsgericht gehe eindeutig davon aus, dass bei vorsätzlichen Täuschungen mit systemischem Charakter – wie es bei Giffey festgestellt worden sei – der Doktorgrad entzogen werden müsse.

Vorwurf: Rufschädigung für Wissenschaftsstandort Berlin

Methodisch sei weiter problematisch, dass die Prüfenden sich auf die von der Plattform "Vroni-Plag Wiki" zuvor identifizierten Plagiate beschränkt hätten. Gärditz summierte laut "Tagesspiegel": "Die Hochschulleitung hat aufgrund des Vorschlags eines unzuständigen Gremiums eine gesetzwidrige Rüge ausgesprochen und sich hierbei auf einen Bericht gestützt, der die rechtlich einschlägigen Maßstäbe grundsätzlich verkennt."

Damit schade die FU nicht nur ihrem eigenen Ruf, sondern auch dem des Wissenschaftsstandorts Berlin, schreibt Gärditz laut Artikel. "Wenn das die Standards an der FU sind, schädigt das alle, die dort redlich ihren Doktortitel gemacht haben", kritisierte er in der Vorstellung seines Gutachtens. Es könne nicht sein, dass ein Doktorgrad nur aus dem Grund nicht entzogen würde, dass die Arbeit "irgendwelche eigenständigen Forschungsleistungen" enthalte.

Gärditz gilt als Spezialist für Verfahren, in denen es um die Entziehung von Doktorgraden geht. Er beriet unter anderem auch die Universität Düsseldorf im Verfahren zur Doktorarbeit von CDU-Wissenschaftsministerin Annette Schavan. Die FU Berlin lässt das Verfahren derzeit ebenfalls prüfen. Das Gutachten des Berliner Verfassungsrechtlers Ulrich Battis soll Ende November vorliegen.

kas