weibliche Hände mit Foto einer künstlich befruchteten Eizelle
mauritius images / BSIP / Amelie Benoist

Fortpflanzungsmedizin
Leopoldina fordert neues Gesetz für künstliche Befruchtung

Wissenschaftler empfehlen eine Reform des Embryonenschutzgesetzes. Die Rechtslage erfasse nicht den medizinischen Fortschritt der letzten Jahrzehnte.

05.06.2019

Das Embryonenschutzgesetz von 1990 zwingt Mediziner zu nicht mehr zeitgemäßen Behandlungen und führt zu unnötigen Risiken für Mutter und Kind. Daher ist ein neues Fortpflanzungsmedizingesetz notwendig, das die Entwicklungen der Reproduktionsmedizin berücksichtigt. Das haben Wissenschaftler der Nationalakademie Leopoldina und der Akademieunion am Dienstag in einer Stellungnahme gefordert.

Nach Ansicht der interdisziplinären Autorengruppe aus Medizinern, Ethikern und Rechtswissenschaftlern fehlten gesetzlich klar geregelte Rahmenbedingungen für Patienten und Ärzte – insbesondere für die in Deutschland verbotene Eizellspende, die untersagte Auswahl einzelner Embryonen und das Verbot von Leihmutterschaften. Auch die teilweise erlaubte Embryonenspende, die erlaubte Konservierung von Eizellen und die Kostenerstattung für die medizinischen Maßnahmen seien nicht ausreichend geregelt. Dadurch komme es regelmäßig zu rechtlichen Konflikten.

Das Verbot der Eizellspende beeinträchtige indirekt das Kindeswohl, da viele Paare stattdessen eine Eizellspende im europäischen Ausland in Anspruch nähmen, wo die Spende erlaubt, aber anonym sei. Dadurch werde das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung verletzt. Zudem bedeute das Verbot der Eizellspende eine Ungleichbehandlung für unfruchtbare Frauen, da die Samenspende für unfruchtbare Männer erlaubt sei.

Mehrlingsschwangerschaften sind in Deutschland häufiger

Auch aus einer Mehrzahl von künstlich befruchteten Embryonen einer Frau nur jenes mit der größten Entwicklungsfähigkeit einzupflanzen, ist in Deutschland verboten. Daher würden häufig zwei bis drei Embryonen übertragen. Dadurch komme es jedoch bei jeder fünften, künstlich befruchteten Frau zu einer Mehrlingsschwangerschaft, die ein Gesundheitsrisiko für Mutter und Kinder darstelle. Durch die Embyronen-Auswahl sei die Chance, schwanger zu werden, nicht verringert.

Bei gesetzlich Versicherten sei die Finanzierung der medizinischen Maßnahmen zudem auf Ehepaare und eine enge Altersgruppe begrenzt. Das sei medizinisch und gesellschaftlich kaum zu rechtfertigen. Die erheblichen Kosten, der hohe Eigenanteil und die ungleiche Erstattung seien auch sozial ungerecht.

Die Akademien schlagen in ihrer Stellungnahme zu allen Aspekten der Reproduktionsmedizin Regeln vor, außer bei dem ethisch schwierigen Thema der Leihmutterschaft. Eine Diskriminierung aufgrund des partnerschaftlichen Status oder der sexuellen Orientierung sei jedoch auf jeden Fall zu vermeiden. Das grundrechtlich geschützte Recht auf Fortpflanzungsfreiheit dürfe nicht eingeschränkt werden.

ckr