Das Bild zeigt das Universitätsgebäude "Holzlaube" der Freien Universität am Abend.
picture alliance/dpa | Jens Kalaene

Antisemitismus
Prozessbeginn nach Angriff auf FU-Student

Anfang 2024 wurde der jüdische Student Lahav Shapira Opfer eines mutmaßlich antisemitischen Angriffs. Nun startet der Prozess.

08.04.2025

Ein Student der Freien Universität (FU) Berlin muss sich ab dem 8. April vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm laut Bericht der Deutschen Presseagentur (dpa) gefährliche Körperverletzung vor. Der damals 23-Jährige hatte den jüdischen Studenten Lahav Shapira im Februar letzten Jahres im Ausgehviertel in Berlin-Mitte zusammengeschlagen ("Forschung & Lehre" berichtete). Der Angriff sei laut Anklage durch Shapiras politisches Engagement im Anschluss an den Überfall der Hamas auf Israel motiviert worden, berichtet die dpa. Das 31-jährige Opfer habe dabei eine komplexe Mittelgesichtsfraktur und eine Hirnblutung erlitten.

Shapira trete in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Es würden acht Zeugen angehört. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein, hob die Bedeutung des Prozesses hervor: "Dieses Verfahren zeigt eines ganz deutlich: nämlich, wie gefährlich Antisemitismus ist und wie wichtig seine konsequente Verfolgung und Ahndung durch die Justiz sind", zitiert ihn die dpa.

Geständnis am ersten Prozesstag

Vor Gericht bestritt der Angeklagte das antisemitische Motiv des Angriffs. Er gestand die Tat, bat Shapira um Vergebung und bot ihm Schmerzensgeld an, wie verschiedene Medien im Anschluss an den Verhandlungstag berichteten. Er habe Shapira in einer Bar getroffen und ihn vor dem Lokal auf dessen  Verhalten in einer Whatsapp-Gruppe von Studierenden der FU angesprochen, sowie darauf, dass dieser Plakate an der FU abgerissen habe. Er habe Shapira ins Gesicht geschlagen und getreten und dabei seine Kampfsporterfahrung unterschätzt, berichtet die dpa. Einen Umschlag mit Schmerzensgeld lehnte der Anwalt Shapiras demnach zunächst ab.

Die Frage des Tatmotivs sei laut dem Richter des Verfahrens, Sahin Sezer, ein zentraler Punkt, der über das Strafmaß entscheiden werde. Die Staatsanwaltschaft ist vom antisemitistischen Motiv überzeugt, berichtet der Tagesspiegel. Am 17. April wird der Prozess fortgesetzt, kündigt die dpa an. Unter anderem soll demnach ein Polizist zu einem Video befragt werden, das auf dem Handy des Angeklagten sichergestellt wurde. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft belege es das antisemitische Motiv der Tat. Das Urteil könne am zweiten Prozesstag bereits fallen.

FU verhängte Hausverbot

Nach dem Angriff verhängte die FU ein Hausverbot gegen den Täter, das im Juli 2024 verlängert wurde. Shapira verklagt in einem zweiten Verfahren allerdings auch die FU: Die Universität sei ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, Diskriminierungen zu verhindern. Nach dpa-Informationen soll dieser Prozess am 15. Juli stattfinden.

Als Konsequenz aus dem Angriff auf Shapira war das Berliner Hochschulgesetz verschärft worden. Demnach ist eine Exmatrikulation von Studierenden bei bestimmten Ordnungsverstößen wieder möglich. Es gelten jedoch hohe Hürden. Die Möglichkeit einer Exmatrikulation war gemäß dpa-Bericht erst 2021 von der rot-grün-roten Regierung abgeschafft worden.

aktualisiert am 09.04.2025 um 13.18 Uhr [ergänzt wurden die beiden Absätze unter der Zwischenüberschrift Geständnis am ersten Prozesstag], zuerst veröffentlicht am 08.04.2025

hes