Das Foto zeigt einen Stempel mit dem Aufdruck Urheberrecht und ein Eurozeichen
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Neues Urheberrecht
Scharfe Kritik von Verlagen

Heute tritt das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz in Kraft. Es soll das Urheberrecht an die Erfordernisse der Digitalisierung anpassen.

01.03.2018

Heute tritt das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (kurz: UrhWissG) in Kraft, das das Urheberrecht im Bereich Bildung und Wissenschaft neu regelt. Anliegen des neuen Gesetzes ist es, übersichtliche, einfach verständliche und leicht auffindbare Regelungen für Nutzerinnen und Nutzer aus Bildung, Wissenschaft und Forschung zu schaffen. Laut Bundesforschungsministerium soll das neue Gesetz "das Urheberrecht an die veränderten Erfordernisse der Digitalisierung" anpassen. Es gehe dabei darum, einen "Mindestzugang" sicherzustellen.

Laut Börsenverein ein "Verfassungsbruch"

Die Verlage haben das Gesetz scharf kritisiert, weil es das Urheberrecht zu sehr einschränke. Laut Gesetz sollte eine pauschale Vergütung von Urhebern und Verlagen für die erlaubnisfreie Nutzung ihrer Werke über die Verwertungsgesellschaften erfolgen. Allerdings fehlt nach Auskunft des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels nach wie vor die dafür notwendige Rechtsgrundlage mit Bezug auf  die Verlage. Die VG Wort dürfe nicht an Verlage ausschütten.  Der Gesetzgeber hatte für Verlage eine "angemessene Vergütung" vorgesehen – nun erhalten sie laut Börsenverein gar nichts, wenn ab Donnerstag Teile ihrer Bücher und Lehrwerke ohne Rücksprache und Lizenzierung für Unterrichts- und Forschungszwecke vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden dürften.

Der Börsenverein kritisiert dies als Verfassungsbruch. Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, sagt: "Wenn am Donnerstag das neue Wissenschafts-Urheberrecht in Kraft tritt, gehen Verlage leer aus. Ihre Eigentumsrechte werden beschnitten, ohne dass sie eine Entschädigung dafür erhalten. Das verstößt gegen Artikel 14 des Grundgesetzes". Die Verlage sorgten dafür, dass Studierenden hochwertige Lehrwerke und Fachliteratur zur Verfügung stünden. Diese Leistung könne jetzt nicht einmal mehr pauschal vergütet werden. Das sei "inakzeptabel". Wann die gesetzliche Grundlage für die Verlegerbeteiligung auf EU-Ebene zustande komme, sei weiterhin überhaupt nicht absehbar. Das EU-Gesetzespaket, in dem die entsprechende Regelung enthalten ist, verzögere sich weiter. "Wir appellieren an die kommende Bundesregierung, ihren in den Koalitionsvertrag aufgenommenen Vorsatz zu verwirklichen und hier umgehend tätig zu werden", unterstrich Skipis.

Das Lizenzgeschäft vieler Verlage wird "auf Dauer unrentabel"

Seit Urteilen des Europäischen Gerichtshofs 2015 und des Bundesgerichtshofs 2016 fehlt die Rechtsgrundlage dafür, dass Verlage wie früher an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort beteiligt werden. Seitdem bekommen ausschließlich Autoren die Einnahmen aus gesetzlich erlaubten Nutzungen – es sei denn, ein Urheber stimmt nach Veröffentlichung eines Werks in einem administrativ aufwändigen Verfahren der Ausschüttung eines Verlagsanteils ausdrücklich zu. Eine Klarstellung, dass auch Verlage per se an Erlösen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt werden können, ist im Rahmen der EU-Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt geplant. Ob diese noch in dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments verabschiedet wird, ist unklar. Ein neueres Urteil des Europäischen Gerichtshofs würde es dem deutschen Gesetzgeber allerdings auch erlauben, die Verlegerbeteiligung an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften in Deutschland ohne EU-Gesetz wieder einzuführen.

Die Folgen des neuen Urheberrechts-Gesetzes sind nach Ansicht des Börsenvereins, auch mit einer pauschalen Vergütung, insbesondere für kleine und mittelgroße Verlage dramatisch. Das Lizenzgeschäft vieler Verlage werde dadurch "auf Dauer" unrentabel.

Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen sollen mit dem UrhWissG Auszüge aus Werken unkompliziert und rechtssicher in einen elektronischen Semesterapparat einstellen, Wissenschaftler künftig große Mengen an Texten mit entsprechender Software analysieren können (Text- und Datamining), ohne zuvor jeden einzelnen Autor oder Verlag um Erlaubnis zu bitten. Bibliotheken könnten Kopien von wissenschaftlichen Artikeln auf Einzelbestellung digital versenden.

gri