Studentin mit Unterlagen in der Hand und Atemschutzmaske gibt mit der Hand ein Stopzeichen
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Fürsorgepflicht
Was tun bei Coronavirus-Verdacht an der Uni?

Das Coronavirus Sars-CoV-2 ist in Deutschland angekommen. Diese Rechte und Pflichten gelten bei einem Infektionsrisiko an der Hochschule.

Von Josef Franz Lindner 27.02.2020

Auch in Deutschland sind inzwischen zahlreiche Menschen mit dem neuen Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert. Hunderte Menschen befinden sich vorsorglich in Quarantäne. Dass sich auch eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter einer deutschen Hochschule, eine Hochschullehrerin, ein Professor oder ein Studierender mit der Lungenkrankheit Covid-2 ansteckt, wird immer wahrscheinlicher. In China, wo das Virus zuerst aufgetreten ist, sind die Hochschulen bereits geschlossen. Folgende Regeln gelten bei einer weiteren Ausbreitung in Deutschland.

Darf ich als Dozentin, Dozent oder Studierender einer Pflichtveranstaltung an der Hochschule aus Vorsicht vor einer Ansteckung fernbleiben?

Soweit hochschulrechtliche Teilnahmepflichten für Studierende bestehen, können diese im Falle von Ansteckungsgefahren suspendiert sein. Das ist aber erst dann der Fall, wenn eine konkrete Gefahr einer Ansteckung besteht, weil Infektionsfälle an der konkreten Hochschule bereits vorliegen. Die Nichtteilnahme als bloße Vorsichtmaßnahme reicht als Entschuldigungsgrund alleine nicht aus.

Etwas anderes gilt dann, wenn die für das Infektionsschutzrecht zuständigen Behörden eine allgemeine Empfehlung ausgesprochen haben, Veranstaltungen mit einem größeren Personenanfall im betroffenen Gebiet zu meiden. Gleiches gilt für das Lehrpersonal.

Bin ich als Dozierender verpflichtet eine Alternative für diese Lehrveranstaltung zu schaffen?

Eine diesbezügliche Pflicht lässt sich rechtlich grundsätzlich nicht begründen. Wenn eine Veranstaltung aus sachlichen Gründen entfällt oder entfallen muss, besteht keine Verpflichtung zu einem Ersatztermin. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die konkreten hochschulrechtlichen Vorschriften, insbesondere zur Erfüllung der Lehrverpflichtung, eine solche Pflicht vorsehen oder sie sich eine solche auf individualvertraglicher Basis begründen lässt.

Wer hat das Recht die Universität bei einer Ausbreitung in der Region zu schließen?

Die Zuständigkeit liegt bei den für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Landesbehörden. Rechtsgrundlagen für intervenierende Maßnahmen sind insbesondere §§ 16, 28 ff. des Infektionsschutzgesetz. Hierbei ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Zusätzlich können die Länder durch Rechtsverordnung weitere Ge- und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen (Paragraf 32 des Infektionsschutzgesetz).

Unabhängig davon ist der Präsident oder die Präsidentin der Hochschule als Inhaber des Hausrechts für die Sicherheit in der Hochschule verantwortlich. Dazu gehört auch der Schutz der Gesundheit. Eine Schließung der Hochschule ist bei konkreter Gefährdungslage auch auf dieser Grundlage möglich.

Darf ich als Wissenschaftler trotz einer Schließung der Forschungseinrichtung weiterforschen?

Soweit eine wissenschaftliche Einrichtung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes durch Anordnung der zuständigen Behörden oder durch den Präsidenten der Hochschule in Ausübung seines Hausrechts (siehe zum Beispiel Artikel 21 Absatz 12 des Bayerischen Hochschulgesetzes) geschlossen worden ist, besteht für die Angehörigen der Hochschule (auch für das wissenschaftliche Personal) ein Betretungsverbot. Dieses folgt unmittelbar aus der infektionsschutzrechtlichen Maßnahme beziehungsweise aus der hausrechtlichen Anordnung und bedarf keiner weiteren konkretisierenden Weisung. 

Wer muss eine Konferenz, eine Tagung oder einen Kongress an einer Hochschule wegen einer Ansteckungsgefahr absagen?

Soweit eine Einrichtung bereits geschlossen wurde, ist auch die Durchführung einer Tagung et cetera dort unzulässig. Unabhängig davon ist eine Tagung abzusagen, wenn konkrete Umstände vorliegen, die eine Ansteckungsgefahr begründen. Es empfiehlt sich insofern jedenfalls, die zuständigen Infektionsschutzbehörden um ihre Einschätzung zu bitten.

Muss ich als Wissenschaftler eine Dienstreise in vom Virus stark betroffene Gebiete antreten?

Eine Dienstreise unmittelbar in stark vom Coronavirus betroffene Gebiete ist nicht zumutbar. Eine Weigerung, die Dienstreise anzutreten, setzt dabei objektive Gründe voraus, wozu neben den äußeren Umständen der Reise auch eine aktuelle Erkrankung oder eine Vorerkrankung des Reisenden zählen kann. Bloße subjektive Bedenken genügen hingegen alleine nicht.

Besteht aufgrund der Umstände (Ziel der Dienstreise, beteiligter Personenkreis et cetera) eine konkrete oder jedenfalls nicht fernliegende Ansteckungsgefahr, so kann auch der Dienstvorgesetzte beziehungsweise Arbeitgeber diese untersagen. Rechtsgrundlage hierfür ist die arbeitsrechtliche beziehungsweise beamtenrechtliche Fürsorgepflicht.