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Versorgung
Welche Pension erhalten Beamte bei einem Wechsel ins Ausland?

Eine Auslandstätigkeit kann mit Blick auf die Pension künftig weniger Nachteile bringen. Dafür hat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs gesorgt.

Von Martin Hellfeier 01.04.2019

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits im Jahr 2016 entschieden, dass bei einem freiwilligen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Zwecke der Aufnahme einer vergleichbaren Beschäftigung im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union ein Anspruch auf beamtenadäquate Versorgung besteht. Die Länder kommen dieser Rechtsprechung bisher allerdings nicht ausreichend nach.

Verlässt ein Beamter das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und tritt er nicht in ein neues ein, verliert er seinen Anspruch auf Ruhegehalt gegen seinen Dienstherrn. Einen solchen hat er grundsätzlich nach fünfjähriger Dienstzeit als Beamter erworben. Stattdessen wird er in der Regel in der Deutschen Rentenversicherung Bund nachversichert, das heißt versorgungsrechtlich im Wesentlichen so gestellt, als wenn er während der Dienstzeit als Beamter (lediglich) Angestellter gewesen wäre.

Die Kosten der Nachversicherung trägt der (ehemalige) Dienstherr. Die Nachversicherung, sofern sie nicht ausnahmsweise in einem berufsständischen Versorgungswerk vorgenommen wird, führt indes zu einer vergleichsweise schwachen Versorgung. Konkret heißt das, dass eine beamtenrechtliche Pension für dieselbe Zeit (in der Regel deutlich) höher wäre.

Diese Problematik haben der Bund und einige Länder (namentlich derzeit Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen) erkannt und bereits vor einigen Jahren ein "Altersgeld" eingeführt, das im Falle des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis eine der beamtenrechtlichen Versorgung ähnliche Zahlung garantiert, die, obwohl die Berechnungsweise des Altersgeldes länderspezifisch differiert, zumindest dem Wert der abgeleisteten Dienstjahre als Beamter entspricht.

Klage eines Lehrers aus NRW

Im vom EuGH entschiedenen Fall (Urteil vom 13.7.2016, Aktenzeichen: C-187/15)  klagte ein auf Lebenszeit ernannter Lehrer des Landes Nordrhein-Westfalen, der 1999 aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden war, um als Lehrer in den öffentlichen Dienst in Österreich einzutreten. Daraufhin wurde er in der Deutschen Rentenversicherung Bund nachversichert. Sein Anspruch auf Rente betrug insgesamt rund 1050 Euro.

Im Vorgriff zu seiner Pensionierung in Österreich machte er im Jahre 2013 gegenüber seinem ehemaligen Dienstherrn eine Versorgungsleistung geltend, da sich seine Versorgung in Deutschland – allein bemessen an seiner dort verbrachten Beamtendienstzeit – auf rund 2250 Euro belaufen hätte. Einen Ausgleichsanspruch lehnte das Land mit dem Hinweis auf die hierfür fehlende Rechtsgrundlage ab.

"[...] Ansprüche zustehen, die jenen vergleichbar sind, die sie bei ihrem ursprünglichen Dienstherrn erworben hatten."

Der Beamte klagte hiergegen vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf, das die Angelegenheit dem EuGH mit der Bitte um Vorabentscheidung vorgelegt hat, weil es die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union als in rechtswidriger Weise beschränkt einstufte (Beschluss vom 16.4.2015, Aktenzeichen: 23 K 6871/13).

Der EuGH entschied daraufhin, dass Beamte, "die auf ihren Status verzichtet haben, um eine ähnliche Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik auszuüben, ebenfalls Ruhegehalts- beziehungsweise Altersrentenansprüche zustehen, die jenen vergleichbar sind, die sie bei ihrem ursprünglichen Dienstherrn erworben hatten".

Infolge dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf das Land Nordrhein-Westfalen verurteilt, dem klagenden Lehrer einen "Ausgleichbetrag für den Verlust der Altersversorgung aufgrund seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis" zuzuerkennen (Urteil vom 26.2.2018, Aktenzeichen: 23 K 6871/13). Hiergegen hat das Land Berufung eingelegt. Die Angelegenheit ist daher in der nächsten Instanz und noch nicht endgültig entschieden.

Länder sollen Versorgungsanspruch ermöglichen

Ungeachtet dieses noch schwebenden Verfahrens wird deutlich, dass die Länder seit der klaren Entscheidung des EuGH aufgefordert sind, Regelungen zu erlassen, die einen Versorgungsanspruch zumindest in den genannten Fällen ermöglichen.

Der Freistaat Bayern hat als erstes Land entsprechend reagiert und eine Norm (Art. 99a BayerischesBeamtenversorgungsgesetz) in Kraft gesetzt, durch die eine "ergänzende Versorgungsabfindung" im Falle des Wechsels in eine "im Inland herkömmlich in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ausgeübte Beschäftigung im öffentlichen Dienst eines Mitgliedstaates der Europäischen Union" gewährt wird.

Die Regelung gilt mit Wirkung vom 13.7.2016, dem Datum des Urteils des EuGH. Die Festlegung dieses Stichtages ist juristisch problematisch und dürfte prognostisch Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen werden.

Der Bund und diejenigen Länder, die bereits vor der Entscheidung des EuGH ein Altersgeld eingeführt hatten, dürften damit zwar nach aktuellem Rechtsstand den Anforderungen, die der EuGH an die rechtlichen Folgen der Mobilität von EU-Bürgern stellt, im Grundsatz genügen (wobei Einzelfragen wie etwa zur Höhe des jeweiligen Altersgeldes in diesem Rahmen nicht nachgegangen werden kann).

Aber auch hier stellt sich die Problematik der "Altfälle", das heißt derjenigen Beamten, die noch vor der Einführung eines Altersgeldes im Bund oder jeweiligen Land aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sind und bisher (lediglich) nachversichert wurden. Denn einen rückwirkenden Anspruch auf Altersgeld für die Zeit vor dessen Einführung sehen die Gesetze nicht vor.

Diejenigen Länder, die noch kein Altersgeld oder eine ähnliche Kompensationsleistung für ausgeschiedene Beamte vorsehen, kommen – obwohl sie es müssten – der europarechtlichen Vorgabe nicht nach. Sie verweisen im besten Falle auf das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren in Nordrhein-Westfalen. Sie ignorieren dabei aber die deutliche Vorgabe des EuGH.

Viele Fragen zum Pensionsanspruch noch ungeklärt

Nach der Entscheidung des EuGH bleiben noch viele Fragen unbeantwortet. Dringlich ist sicher diejenige nach geeigneten Handlungsoptionen, wenn Beamte freiwillig aus dem Lebenszeitbeamtenverhältnis ausscheiden – oder bereits ausgeschieden sind –, um eine mit ihrer bisherigen Beamtentätigkeit vergleichbare Beschäftigung im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union aufzunehmen, und der (ehemalige) Dienstherr auf die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung verweist, respektive eine solche schon erfolgt ist.

"Die meisten Länder haben (noch) keine Rechtsgrundlage [...] eingeführt."

Manche Fälle liegen, wie aus dem Ausgangsfall ersichtlich wird, schon viele Jahre zurück. Unter Rückgriff auf die skizzierte Rechtsprechung des EuGH müsste in diesen Fällen zunächst gegenüber dem (ehemaligen) Dienstherrn geltend gemacht werden, dass statt (oder neben) der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anspruch auf beamtenadäquate Versorgung bestehe.

Wird diese Forderung abgelehnt – was zu erwarten steht, da die meisten Länder (noch) keine Rechtsgrundlage für diesen Fall eingeführt haben – müsste hiergegen gegebenenfalls geklagt werden. Eventuell könnte, um eine Klage zu vermeiden, ein solches Verfahren auch zunächst nur initiiert und dann einvernehmlich zum Ruhen gebracht werden, bis das Land adäquate Regelungen in Kraft gesetzt hat.

Weiterhin ist die Frage aufzuwerfen, ob nur Lebenszeitbeamte einen Anspruch auf eine angemessene Versorgungsleistung haben oder auch Beamte auf Zeit (im Hochschulbereich mithin zum Beispiel Juniorprofessoren oder Akademische Räte), die eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst eines EU-Mitgliedstaates aufnehmen. Da Beamte auf Zeit im Hochschuldienst zumindest in der Regel keinen eigenständigen beamtenrechtlichen Versorgungsanspruch erwerben, ginge mit einem Wechsel in das EU-Ausland kein auszugleichender Verlust einher, so dass eine Erweiterung der Rechtsprechung des EuGH auf derartige Beamtenverhältnisse auf Zeit wohl nicht möglich sein dürfte.