Gezeichnetes Proträt des Literaturnobelpreisträgers Abdulrazak Gurnah.
Niklas Elmehed / Nobel Prize Outreach.

Nobelpreise 2021
Abdulrazak Gurnah erhält Nobelpreis für Literatur

Der Schriftsteller aus Sansibar Abdulrazak Gurnah wird mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Bis vor Kurzem war er Professor für Englisch.

07.10.2021

Der Literaturnobelpreis geht in diesem Jahr an den tansanischen Schriftsteller Abdulrazak Gurnah. Das gab die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm bekannt. Der Schriftsteller und frühere Professor für Englisch und Postkoloniale Studien der Universität Kent in Großbritannien werde ausgezeichnet für seine kompromisslose und mitfühlende Durchdringung der Effekte des Kolonialismus und des Schicksals Flüchtender zwischen den Kontinenten und Kulturen.

Gurnah wurde 1948 auf Sansibar geboren und ist mit Suaheli als Muttersprache aufgewachsen. Im Alter von 18 Jahren kam er Ende der 1960er Jahre als Flüchtling nach England, als Menschen muslimischer Abstammung in seiner Heimat verfolgt wurden. Nachdem er 1982 an der Universität Kent promoviert worden war, begann er dort 1985 seine Lehrtätigkeit im Fach englische Literatur. Die Universität Kent hat überschwänglich auf die Verleihung des Literatur-Nobelpreises für ihren früheren Professor reagiert: "Wir sind absolut begeistert, dass unserem ehemaligen Dozenten Abdulrazak Gurnah der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde – das ist wirklich inspirierend", twitterte die Hochschule mit Sitz im südostenglischen Canterbury.

In England habe er begonnen Literatur zu verfassen, wie das Nobelpreiskomitee mitteilte. Sein Englisch trage die Spuren seines Hintergrunds und der kolonialen Geschichte seiner Heimat. Es enthalte Ausdrücke auf Suaheli, Arabisch, Hindi und Deutsch. In seinen zehn bisher veröffentlichten Romanen analysiere er den Effekt des Kolonialismus in Ostafrika. Er thematisiere Rassismus und die Zerrissenheit, die Flüchtende empfinden. Sein Blick sei desillusioniert, er verneine in seinen Werken unsere Sehnsucht nach einfachen Lösungen. Literarisch beeinflusst sei er unter anderem durch den Koran und die Erzählungen von Tausendundeiner Nacht.

Fünf seiner zehn Romane sind in deutscher Übersetzung erschienen. Sie sind allerdings bis auf den neuesten, von dem es ein eBook gibt, aktuell nur antiquarisch erhältlich: "Die Abtrünnigen" (2006), "Schwarz auf Weiß" (2004), "Ferne Gestade" (2002), "Donnernde Stille" (2000) und "Das verlorene Paradies" (1986). Sein letzter Roman mit dem Titel "Afterlives" erschien 2020 auf Englisch.

Der Nobelpreis für Literatur gilt als die prestigeträchtigste literarische Auszeichnung der Welt. Der Preis geht wie die weiteren traditionellen Nobelpreise auf das Testament des Preisstifters und Dynamit-Erfinders Alfred Nobel zurück. 1901 war er zum ersten Mal verliehen worden, damals an den Franzosen Sully Prudhomme. Seitdem haben ihn fast 120 Persönlichkeiten erhalten. Der bislang jüngste Preisträger war 1907 der damals 41 Jahre alte "Dschungelbuch"-Autor Rudyard Kipling, die älteste Doris Lessing, die ihn 2007 im Alter von 88 Jahren überreicht bekommen hatte. Im vergangenen Jahr war die amerikanische Dichterin Louise Glück mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden. Sie war damit eine von 16 Frauen, die den Preis bislang in Empfang genommen haben.

cpy/dpa