Archivschränke und Tritthocker in einer Bibliothek
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Deutscher Tag der Archive
Archive gewähren digitale Einblicke

Am 5. und 6. März findet der Deutsche Tag der Archive statt. Zahlreiche dieser Gedächtnisspeicher zeigen ihre Schätze.

05.03.2022

Mit Regenwürmern, Butter und Wacholderbeeröl – so wollte eine Familie 1832 Gicht behandeln. Davon zeugt ein handschriftliches Rezept im Bayerischen Wirtschaftsarchiv in München. Die Mischung sollte man "stark kochen laßen" und immer wieder mit einem "Schwefelhölzl" umrühren. Von diesem und anderen spannenden Archivfunden hören Interessierte am Deutschen Tag der Archive, der am Samstag und Sonntag unter dem Motto "Fakten, Geschichten, Kurioses" bundesweit stattfindet.

Bayerische Archive zeigen ihre Fundstücke ab Samstag auf zwei Blogs im Rahmen eines Blogslams. Bis zum 21. März werden auf den Blogs der Staatlichen Archive Bayerns und der Münchner Archive nach und nach 39 Beiträge veröffentlicht. Neben dem Gichtrezept wird auch erfahrbar werden, wie Studentenleben an der Ludwig-Maximilians-Universität in München zur Zeit der Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren aussah und welche Verschwörungstheorien im 17. und 18. Jahrhundert in Oberfranken geglaubt wurden.

Aufgrund der Corona-Pandemie bieten ein Großteil der Archive digitale Ausstellungen und Videoführungen an, statt wie in Vorjahren ihre Türen zu öffnen und Präsenzveranstaltungen anzubieten.

Einige Veranstaltungen im Detail

In Sachsen laden die Universitätsarchive der Technischen Universität Chemnitz, der Technischen Universität Dresden und der Universität Leipzig gemeinsam zu einer Onlineveranstaltung ein. Laut Ankündigung wird es etwa darum gehen, welche Unterlagen die Archive über ihre Studierenden und ihr Personal verwahren. Teilnehmer erhielten ebenfalls Antworten darauf, was Studierende Mitte der 1980er Jahre veranlasste, sich den Zugang zu einer Veranstaltung über ein enges Kellerfenster zu verschaffen und warum ein Dresdner Professor 1965 seinen Schnürsenkel für ein akustisches Experiment zur Verfügung stellte. Die Veranstaltung findet ohne vorherige Anmeldung statt, wie die Universitätsarchive ankündigten.

Das Stadtarchiv und die Stadthistorische Bibliothek Bonn zeigen in einer digitalen Ausstellung eine Auswahl besonderer und seltener Objekte aus ihren Beständen, um zu verdeutlichen, welch ungewöhnliche und skurrile Dinge neben Urkunden, Akten und Amtsbüchern ihren Weg in die Magazine gefunden haben. Die Ausstellung ist ab Samstag auf der Archivseite im Portal "Archive in Nordrhein-Westfalen" zu sehen.

Das Niedersächsische Landesarchiv in Hannover beteiligt sich mit Vorträgen, Präsentationen und Videos. Einen Schwerpunkt bilden die Interpretation und Kritik ausgewählter historischer Quellen. Diese werden laut Anlündigung in Kurzvorträgen vorgestellt, auf ihre Echtheit geprüft und in ihrem Wahrheitsgehalt hinterfragt. So ergeben sich interessante Einblicke in die Geschichte, vom Mittelalter bis fast zur Gegenwart. Ergänzend zum Live-Programm, das über ein Videokonferenzsystem und ebenfalls ohne vorherige Anmeldung gesendet wird, bietet das Landesarchiv auf seiner Website eine virtuelle Ausstellung an.

In Berlin können sich Interessierte über das bedrohte papierförmige Tagesspiegel-Pressearchiv informieren, dessen aktueller Standort, ein Fabrikgelände in einem Gewerbegebiet in Berlin-Marzahn abgerissen werden soll. Neben dem Tagesspiegel-Pressearchiv befindet sich dort seit 1990 das Zeitgeschichtliche Archiv, eine Presseausschnittsammlung über den Zeitraum von der Kaiserzeit bis in die 1990er Jahre. Beide Bestände – insgesamt fast drei Millionen Artikel – seien inhaltlich erschlossen, wie die Archive mitteilen. Sollten sie keinen neuen Standort finden, ginge dieses Kulturgut verloren, wie Thomas Friederich berichtet, der Leiter des Tagesspiegel-Archivs. Während der Öffnungszeiten gebe es Führungen vor Ort, außerdem stellt ein online einsehbarer Film die Archivbestände dar

Bundesweit nehmen mehr als 100 Archive am Tag der Archive teil. Er findet in diesem Jahr zum elften Mal statt und wird vom Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. koordiniert, auf dessen Webseite die einzelnen Veranstaltungen vorgestellt werden.

cpy/dpa